Entstehung von Schindlers Liste
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Entstehung von Schindlers Liste • Verlagerung der Fabrik nach Brünnlitz
Es gibt widersprüchliche Aussagen darüber, wer „Schindlers Liste“ erstellte. Im Film von Steven Spielberg diktierte Schindler Itzhak Stern der Dramaturgie wegen die Namen aus dem Gedächtnis. Das ist völlig unglaubwürdig, denn man konnte nicht laufende Nummer, Häftlingsnummer, Vor- und Nachname, Geburtsdatum und Berufsbezeichnung von 1000 Menschen auswendig nennen. Unglaubwürdig ist auch die These des Schindlerbiographen David M. Crowe, wonach Schindler mit der Erstellung der Liste wenig zu tun gehabt habe.[1]
Herrn Dr. Werner Schneider (vgl. oben Oskar Schindler, Kapitel 8 Schindlers Liste mit genauen Angaben) verdanken wir den folgenden wertvollen Hinweis über die fatale Fehlinterpretation David Crowes.
David Crowe stellt in seiner 2005 erschienenen Biographie Oskar Schindlers, die von einigen Rezensenten als die "letztgültige" bezeichnet wird, die Behauptung auf, Oskar Schindler habe „absolutely nothing“ (Zitat nach Mietek Pemper, Der Rettende Weg, Hamburg 2005, S. 199, Anmerkung 80) mit der Abfassung der Liste zu tun gehabt. Diese Behauptung ist falsch. Sie geht auf ein grobes inhaltlich-sprachliches Missverständnis zurück, das David Crowe beim Auswerten einer Quelle unterlaufen ist.
Crowe belegt seine Behauptung mit einer Aussage des Holocaust-Überlebenden Dr. Stanley Robbin, die er (Crowe) einer Textstelle in Elinor J. Brechers Buch SCHINDLER ´S LEGACY. THE TRUE STORIES OF THE LIST SURVIVORS , New York 1994, S. 430, entnimmt. Diese Textstelle mit der Aussage des Dr. Stanley Robbin lautet bei E. Brecher: Robbin says he saw Schindler in Germany after the war, and asked him why he and other longtime Emalia workers didn ´t make the list. “He told me he was not responsible for it. He never arranged this, and he apologized.”
Die Übersetzung dieser Textstelle ins Deutsche lautet: Robbin sagt, er habe Schindler nach dem Krieg in Deutschland getroffen und ihn gefragt, warum er und andere langjährige Emalia-Arbeiter nicht auf die Liste gekommen seien. „Er sagte mir, daran sei er nicht schuld gewesen (..., dafür sei er nicht verantwortlich gewesen). Er habe dies nicht arrangiert/in die Wege geleitet/geregelt, und er entschuldigte sich.“
Hätte David Crowe den Ausdruck make the list korrekt verstanden in der Bedeutung es auf die Liste schaffen / auf die Liste kommen, dann hätte er auch die von E. Brecher in Anführungszeichen gesetzte Antwort Oskar Schindlers auf Dr. Robbins Frage korrekt verstanden. David Crowe hat jedoch zwei Wörter dieser Antwort völlig falsch gedeutet bzw. bezogen: das Wort it und das Wort this. Oskar Schindler wollte Dr. Robbin sagen, dass er (Schindler) nicht schuld daran gewesen sei, dass er (Dr. Robbin) nicht auf die Liste gekommen war und dass er, Schindler, dieses ( = die Nicht-Berücksichtigung auf der Liste) niemals veranlasst und geregelt habe. David Crowe bezieht das it und this aber fälschlicher Weise auf die Liste selbst bzw. auf deren Erstellung und behauptet daher völlig unzutreffend, Schindler habe zu Dr. Robbin gesagt, er, Schindler, sei für die Liste nicht verantwortlich gewesen, er habe dies, d.h. das Schreiben der Liste, niemals arrangiert. Wenn man aber die gesamte Brecher-Textstelle betrachtet und in der richtigen Weise versteht, fällt die Grundthese, die David Crowe in seinem Buch aufstellt, als falsch und haltlos in sich zusammen und Oskar Schindler bleibt „absolutely“ der Urheber der Liste, die zu Recht seinen Namen trägt. (Hinweis Dr.Werner Schneider an Dr.Bernhard Lehmann, 14.4.2011)
„Ohne die fingierten Tabellen hätte es keine Liste und kein Brünnlitz gegeben“
– Mietek Pemper, Der Rettende Weg, Schindlers Liste, Die Wahre Geschichte, Hamburg 2005, S.226
Vorarbeit wichtiger als Liste selbst
„Doch das Entscheidende war weniger die Liste zu erstellen als vielmehr die kontinuierlich gesetzten Mosaiksteinchen der vielfältigen Widerstandsleistungen, die die Liste erst möglich machten.“[2]Weil Mietek Pemper als Stenograph Göths Einsicht in geheime Dokumente hatte, konnte er nach Auswertung der Lagerpolitik der SS an Oskar Schindler verklausuliert Informationen weitergeben. So gelang es, dass das Lager Plaszów vor der frühzeitigen Schließung bewahrt werden konnte und bis Herbst/Winter 1944 als KZ fortexistierte. Diesem Umstand verdankten viele Menschen ihr Leben. Schindlers Liste ist das krönende Resultat dieser Vorarbeit und mutiger Einzelaktionen. Schindler entwickelte sich in diesen Jahren von einem profitorientierenden Geschäftsmann zu einem überzeugten Lebensretter:
„Es ist wesentlich festzuhalten ..... dass meine Wandlung nicht nach dem 20. Juli 1944 eintrat, wo längst alle Fronten zusammenkrachten und viele nicht mehr wollten, sondern vier Jahre vorher, wo deutschen Blitzkriege der Welt den Atem nahmen.“ [3]
Die Genehmigung zur Errichtung eines neuen KZ-Außenlager
Um die Genehmigung für die Errichtung des Außenlagers zu bekommen, war nicht einfach die Bestechung Göths vonnöten. Die Amtsgruppe D, zuständig für die Konzentrationslager, muss die Genehmigung hierzu gegeben haben, ebenso die Rüstungsinspektion im Generalgouvernement unter Generalleutnant Maximilian Schindler. Ohne entsprechende amtliche Verfügungen aus Oranienburg und Krakau hätten nicht einfach über 1000 Menschen das KZ Plaszów in Richtung Groß Rosen und schließlich nach Brünnlitz verlassen können. Kontakte aus seiner früheren Spionagetätigkeit dürften hierbei hilfreich gewesen sein. Vermutlich hat er mit Nachdruck auf die Wichtigkeit eingearbeiteter Leute bei der Produktion „siegentscheidender“ Granatenteile hingewiesen haben.
Listen waren alltäglich
Die heute berühmte Liste entstand im Büro des Arbeitseinsatzführers, SS-Hauptscharführer Franz Müller . Die Liste wurde von mehreren Lagerinsassen geschrieben. Einige Seiten wurden mehrmals umgeschrieben, denn jede Angabe musste korrekt sein. Pemper selbst tippte einige Seiten der Liste neu. Listen gehörten zum Lageralltag. Bei jeder Überstellung von Häftlingen von einem KZ in ein anderes wurden Listen getippt. Aber dabei ging es immer nur um eine Anzahl von Häftlingen mit einem bestimmten Beruf, während Oskar Schindler seine Arbeiter von vornherein mit genauen Namensangaben anforderte.
Schindler fordert Juden namentlich an
„„ Kein Außenstehender kann ermessen ... wie groß die Arbeit war, von dem gefassten Entschluss an, meine Juden nach Westen mitzunehmen, bis zur durchgeführten Tatsache, wo ich über 1.000 Menschen an einen neuen Ort in Sicherheit hatte. Chaos und Bürokratie, Neid und Böswilligkeit waren Hindernisse, die die Verlagerung illusorisch erscheinen ließen und mich an den Rand der Verzweiflung brachten. Nur der eiserne Wille, meine Juden, in deren Reihen ich im Laufe der sechs Jahre aufrichtige Freunde gefunden hatte, nicht einem Krematorium in Auschwitz oder sonst wo zu überlassen, nachdem ich diese jahrelang unter aufreibendem persönlichen Einsatz den Krallen der SS vorenthalten hatte, half mir, mein Ziel zu erreichen.““
– Oskar Schindlers Bericht aus „Schindlers Koffer“.
Wahl des Standortes der Firma
Im August und September rückte die Ostfront immer näher, dadurch wurde die Zeit zum Umzug nach Brünnlitz drängte. Die SS–Führer in Berlin und Krakau wussten, dass bei einer Hinauszögerung der Entscheidung der Wert der Geschenke Schindlers an sie sich steigern würde. Er wiederum musste aufpassen, dass er nicht der Beamtenbestechung bezichtigt würde. Schindler hätte auch einen anderen Standort für seine Fabrik wählen können, etwa das Rheinland oder Simmering, aber dann hätte er „seine Juden“ im Stich lassen müssen. Infolge seiner guten Beziehungen ins Sudetenland wählte er Brünnlitz, und das neue Lager etwa 60 km südwestlich von Breslau wurde eines von ca. 100 Außenlagern des KZ Groß Rosen.Auswahl der Juden für die Liste
Bei der Erstellung der Liste wirkten mehrere Personen mit. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde der eine oder andere Platz auf der Liste durch Geschenke oder Geld möglich. Schindler hatte aber letztlich die Federführung. Er wollte „seine Leute“, d.h. sein jüdisches Arbeitskommando- in der Emailwarenfabrik auf der Liste. Hinzu kamen jene, die der Fertigung der Granatenteile zugeteilt waren, also die Leute aus der Abteilung „MU“. Schindler bestimmte auch, Ehepaare und Familien komplett auf die Liste zu nehmen. Obwohl weder Pemper noch seine Familie jemals in der Emalia gearbeitet hatten, setzte Schindler Pempers Familie auf die Liste, da er Pemper s Leistungen sehr wohl zu schätzen wusste. Neben den Arbeitern aus der Emalia wurden auch Namen der Personen auf die Liste gesetzt, die mit Josef Leopold von den Flugzeugwerken in Wieliczka gekommen waren sowie die 20 Vorarbeiter aus Julius Madritschs Textilfabrik und weitere 60 Arbeiter, die Titsch Schindler aus dem Gedächtnis nennen konnte.
Julius Madritschs Rolle
Schindler wollte auch Madritsch dazu bewegen, dass er auch seine Juden retten solle, dieser jedoch war daran nicht interessiert und verlegte seine Fabrik an den Bodensee. Damit überließ er fast 800 jüdische Arbeiter ihrem Schicksal. Mit Hilfe von Raimund Titsch, dem Werksleiter der Firma Madritsch, erstellte Schindler aus dem Stegreif eine Liste von 60 Leuten, die er als Werksschneider deklarierte und auf seine Liste setzte. Schindler war enttäuscht von Madritsch, da dieser nicht mehr von seinen jüdischen Arbeiter auf die Liste setzte. Dies erwähnte er zum ersten Mal in seinem „Finanzbericht“ von 1945: „.... rettete Raimund Titsch mindestens einen Teil seiner Juden in meinen Verlagerungsbetrieb nach Brünnlitz. Eine Arbeit, die meiner Meinung nach Aufgabe des Herrn Madritsch gewesen wäre....“ Noch kritischer äußerte sich Schindler in mehreren Briefen an Ball –Kaduri, der Nachforschungen zur Schindler geschichte anstellte. Dieser bat Oskar Schindler um ein Exemplar von Madritschs Kriegserinnerungen „Menschen in Not!“. Schindler schrieb bereits in einem Brief über Madritsch, ohne dessen Namen zu nennen:
„...Ich kenne einige „Ganz Anständige“, die heute wohl weit besser leben als ich, die aber im kritischen Augenblick versagten, deren innerer Schweinehund Oberhand bekam.“
Am 21. Oktober 1956 schickte Schindler das gewünschte Exemplar an Ball –Kaduri und schrieb dazu:
„..., da mir die Habgier dieses Mannes die gesicherte Rettung der 800 Frauen des Madritsch–Betriebes zunichte machte...... besser als die Antwort auf einen letzten Versuch meinerseits....:Lieber Oskar, spar dir deine Worte, das ist eine verlorene Sache, dafür investiere ich keinen Groschen.“ [4]
Nach Titsch genoss Madritsch seine sichere Stellung und wollte nicht alles, was er hatte durch einen solch gefährlichen Schritt aufs Spiel setzten. Schindler brachte Titsch hohe Bewunderung entgegen, die auf Gegenseitigkeit beruhte. Titsch unterstütze Schindler so gut es ging.
Listen über Listen
Schindlers Koffer enthielt eine Liste, die seit dem Fund als „Schindlers Liste“ gilt. Sie ist mit dem Datum des 18. April 1945 versehen. Bei der durchlaufenden Nummerierung gibt es einige Lücken, die Gesamtzahl der darauf befindlichen Häftlinge beläuft sich auf rund 800 und schließt die Zahl der im Januar 1945 hinzugekommenen Häftlinge aus Golleschau und der Personen mit ein, die Schindler zusätzlich in Brünnlitz aufgenommen hatte.
Die Liste vom 21. Oktober 1944
Im Archiv und Museum Auschwitz-Birkenau fand sich eine Namensliste der männlichen Häftlinge Groß Rosen – AL Brünnlitz, datiert vom 21. Oktober 1944 , die genau 700 Namen umfasst. Auf der letzten Seite dieser Liste findet sich Mietek Pempers Namen unter der laufenden Nummer 668. Diese Häftlingsliste wurde in Groß Rosen erstellt. Die Häftlingsnummer 69514 behielt Pemper bis zu seiner Befreiung und war nicht identisch mit der Nummer vom AL Plaszów. Die dort angefertigte Häftlingsliste muss als verschollen gelten. Diese Liste vom 21.Oktober wurde, als die Männer nach Brünnlitz kamen, zur offiziellen ‚Schindler-Liste’.[5]
Schutz vor willkürlicher Selektion
Vergleicht man die beiden Listenfassungen miteinander, fällt auf, dass es keine ganz alten und keine ganz jungen Menschen darauf gibt, alle haben einen handwerklichen Beruf. Die zusätzlichen Abkürzungen wie die Altersangaben sollten dazu dienen , die Menschen vor willkürlicher Selektion zu schützen. Die Abkürzung „ang.“ (=angelernter Arbeiter) beispielsweise erhielten Intellektuelle, deren wirklicher Beruf sie für eine Position einer Fachkraft in der Rüstungsindustrie verdächtig gemacht hätte.[6]
Unheilvolle Rolle Marcel Goldbergs
Die Zahl der von der Amtsgruppe D bewilligten Häftlinge - 700 Männer und 300 Frauen - war höher als die der Ende September 1944 noch verbliebenden jüdischen Arbeiter in Schindlers Fabrik. Folglich gab noch freie Stellen auf der Liste, die für die Menschen die Chance zum Überleben boten, sobald sie auf der Liste standen. Aber Mietek und die anderen Beteiligten konnten nicht nach eigenem Ermessen Namen in die Liste eintragen. Allerdings spielten egoistische Interessen eine Rolle. Marcel Goldberg, ehemals Häftlingsschreiber bei Arbeitseinsatzführer SS-Hauptscharführer Franz Müller bereicherte sich auf diese Weise. Goldberg, mittlerweile verstorben, soll einige Menschen auf die Liste durch nicht unbeachtliche Gegenleistungen gesetzt haben- auch dann, wenn er dafür andere von der Liste streichen musste. Dies bedeutete dann für die von der Liste gestrichenen den sicheren Tod. Nach dem Krieg musste sich Goldberg verstecken, weil sogar der israelische Geheimdienst nach ihm fahndete.[7]
Transport ins KZ Groß-Rosen
2 Wochen nach seiner Entlassung aus der Einzelhaft, machte Mietek sich mit den Schindler-Juden auf den Weg nach Groß-Rosen auf - mit 4.500 Leuten zusammengepfercht in Viehwaggons, ohne Wasser, ohne hygienische Vorkehrungen. Die Ungewissheit war sehr groß, da niemand wusste, ob sie tatsächlich lebend ankommen oder wohin sie gebracht würden - Oskar Schindler befand sich nicht in ihrer Nähe. Unterwegs passierte etwas Unerwartetes.Mietek Pemper wird selektiert
Der Zug blieb mitten in der Nacht stehen und der Name „Pemper“ wurde von SS–Leuten ausgerufen, sein erster Gedanke war:„SS-Polizeigericht, jetzt holen sie mich doch noch. Ich dränge mich bis zur Waggontür und melde mich durch Klopfen. Die Tür wird geöffnet., ich springe auf den Schotter des abschüssigen Bahndamms. Ein stechender Schmerz schießt in meinen Knöchel. Mühsam rapple ich mich hoch und humple mit zusammengebissenen Zähnen hinter einem Bewacher her, ein zweiter folgt mir. So gelangen wir zum Dienstabteil des Transportführers. Zitternd vor Kälte, Angst und unterdrücktem Schmerz stehe ich da.“ [8]
Gratulationstelegramm an Amon Göth
Lorenz Landstorfer, glühender Verehrer Amon Göths, wollte wissen, wann dieser Geburtstag habe und bat ihn, ein Gratulationstelegramm an Göth zu entwerfen. Hierfür ließ er den Zug auf freier Strecke, mit insgesamt 50 Waggons anhalten.„Da stehe ich also, ein jüdischer Häftling irgendwo in Schlesien auf dem Weg zwischen zwei Konzentrationslagern, und formuliere unter SS-Bewachung bei Scheinwerferbeleuchtung Gratulationstelegramm A und Gratulationstelegramm B für einen Massenmörder.“ [9]
Erniedrigung bei Eintreffen im KZ
Der Aufenthalt in Groß Rosen dauerte 7 Tage. Als die Häftlinge ankamen, mussten sie sich alle komplett entkleiden und eine ganze Nacht stehend auf dem Appellplatz verbringen. Die Häftlinge wärmten sich gegenseitig, indem die Außenstehenden immer wieder nach innen wechselten. An dem nächsten Tag wurden sie in die Desinfektionsanstalt geschickt, wo ihnen auch Körperhaare abrasiert wurden. Die Unsicherheit und Angst hielt an, denn es war nie sicher, ob diese Leute von der Liste überleben oder doch noch umgebracht würden.
Weitere Listenmanipulationen durch Marcel Goldberg
Landstorfer wurde nach der Ankunft in Groß Rosen wieder nach Plaszów zurückbeordert, hinterließ aber den SS-Leuten zwei Häftlingsnamen als Kontaktpersonen: Marcel Goldberg und Mietek Pemper. Immer wenn die SS etwas wissen wollte, wurde diese beiden gerufen, da aber Mietek Pemper eine Verletzung am Fuß hatte, ging Goldberg vorwiegend zu diesen Treffen, auch in der Hoffnung, sich Privilegien zu verschaffen. Selbst im KZ Groß Rosen strich Goldberg noch Namen von der Liste und setzte neue ein. Da diese Liste nicht mehr erhalten ist, bleibt unklar, wie viele der 700 Männer, die Brünnlitz erreichten, in letzter Minute ausgetauscht wurden. Einer der Ausgetauschten war der Vater des später weltberühmten Regisseurs Roman Polanski, aber auch Noah Stockmann, der mit SS-Untersturmführer Leipold „befreundet“ gewesen war, wurde von der Liste gestrichen.
Ankunft in Brünnlitz
Am 22. Oktober kamen die Häftlinge in Brünnlitz an, wo bereits eine stillgelegte jüdische Spinnerei nach den Vorschriften der SS mit Wachtürmen, Stacheldraht, einer Küche, einer Krankenabteilung und separaten Schlaflager für 700 Männern und 300 Frauen ausgerüstet worden war. Die Maschinen aus Schindlers Fabrik Krakau-Zablocie, mit denen Granatenteile produziert werden sollten, waren ebenfalls bereits angeliefert worden. Die Wachmannschaft bestand von älteren SS-Männern, die Oskar Schindler von Anfang an mit Geschenken und Alkohol bei Laune hielt.Die Fahrt der Frauen nach Auschwitz
Die weiblichen Häftlinge aus Plaszow hatten am 22.Oktober Krakau verlassen und waren am 23.Oktober in Auschwitz-Birkenau angekommen. Da im KZ Groß-Rosen kein Frauenlager mehr existierte, mussten sie entsprechend der Vorschrift, dass Insassen bei einer Einlieferung in ein Lager im Reichsgebiet auch an den Genitalien rasiert werden mussten, nach Auschwitz gebracht.Nach Spielbergs Film „Schindlers Liste“ taucht Oskar Schindler persönlich in Auschwitz persönlich auf, um dafür zu sorgen, dass die Frauen nach Brünnlitz weitergeschickt wurden. Dies entspricht nicht der historischen Wahrheit. Nach Stern verlief die Rettungsaktion folgendermaßen:
„Nach großen Anstrengungen konnte er nur einen Teil der Häftlinge, die für ihn arbeiten sollten, nach Brünnlitz transferieren lassen...... ,aber die Frauen trafen nicht ein, obwohl die Liste bestätigt war. Ich bat Schindler – unter dem Druck meiner Kameraden-, er möge versuchen, auf diese Sache Einfluss zu nehmen.; da kam gerade seine Sekretärin [Hilde Albrecht] herein..... „Nehmen Sie die Liste mit den jüdischen Frauen, packen sie Ihren Koffer, das Beste, was Sie zu essen und zu trinken finden, und fahren Sie nach Auschwitz......Die Sekretärin fuhr los, und als sie nach zwei Tagen noch nicht zurück war, fuhr Schindler mit Major Polto [?] nach Auschwitz – und nach ein paar Tagen trafen alle Frauen ein ....“
Was genau geschah, dass die weiblichen Häftlinge nach Brünnlitz weitergeleitet wurden, ist nicht mehr zu rekonstruieren. Vermutlich hat Schindler seine Beziehungen zur Wehrmacht in Berlin genutzt, um Maurers Amt D2 zu veranlassen, die Freilassung der Frauen zu erwirken.[10]
Die Schindler-Frauen in Auschwitz
In Auschwitz wurde die Gruppe von 300 Frauen auseinander gerissen und es war nicht leicht, genau diese 300 Frauen wieder nach Brünnlitz zu transportieren, da in Auschwitz erhebliche Überfüllung und Desorganisation herrschte. Aber da die Liste von der Amtsgruppe D bewilligt worden war, galt sie aber als verbindlich. Die Aufseherinnen in Auschwitz mussten die „Schindler-Frauen“ aus den vielen Baracken auf dem riesigen Lagergelände einzeln aussortieren. Für den Abtransport nach Brünnlitz wurden die Frauen tatsächlich namentlich ausgerufen, was sonst nie geschah, denn in Auschwitz zählte ansonsten nur die Nummer.„Wir stanken unheimlich, denn es gab noch nicht einmal einen Eimer. Was der arme Schindler riechen musste, muss entsetzlich gewesen sein. Die Frauen, die ihn bereits aus der Èmalia kannten, bekamen bei seinem Anblick hysterische Anfälle. Er lächelte subtil, und dort, wo in der Nähe keiner von den Deutschen war, gelang es ihm, uns zuzuflüstern, dass wir jetzt in Sicherheit wären. Von diesem Augenblick an glaubte ich an Oskar Schindler, an seinen wahren Willen, uns zu retten.“[11]
Einzelnachweise
- ↑ D.Crowe, a.a.O., S. 359. Pemper widerspricht David M. Crowe fundiert und entschieden, vgl. Pemper, a.a.O., S. 181-208, besonders S. 199 Anmerkung 80
- ↑ Mietek Pemper, Der Rettende Weg; Hamburg 2005; S. 189
- ↑ Oskar Schindler an Dr. K:J.Ball-Kaduri, YadVashem, 9. September 1956, in: Koffer von Oskar Schindler, Mikrofilm, Bundesarchiv Koblenz.
- ↑ Oskar Schindler, zitiert nach Pemper, a.a.O., S. 200
- ↑ Mietek Pemper, Der Rettende Weg; Hamburg 2005, S.195f
- ↑ Pemper, a.a.O., S. 196
- ↑ Pemper, a.a.O., S. 197
- ↑ Mietek Pemper, a.a.O., S. 201
- ↑ ebenda, S. 202
- ↑ Mietek Pemper, a.a.O., S. 205f
- ↑ Aussage von Stella Müller-Madej in einem Fernsehinterview, in: Spiegel-TV-Dokumentation, Vox 2003
Entstehung von Schindlers Liste • Verlagerung der Fabrik nach Brünnlitz