Gaby Pemper, Rede im Goldenen Saal

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"Wer auch nur ein einziges Leben rettet,der rettet die ganze Welt"

Talmud



Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Gribl, sehr geehrter Herr Rabbiner Dr. Brandt, sehr geehrter Herr Prof. Dr. Loidl, sehr geehrte Excellenzen, sehr geehrte Vertreter der Stadt, der Parteien,…. sehr verehrte Gäste und Familie,


wir danken der Stadt Augsburg, der Israelitischen Kultusgemeinde und der Universität Augsburg für die Ausrichtung der heutigen Trauer- und Gedenkfeier.


Trotz des Bewusstseins um die Wirkung und Bekanntheit unseres Onkels durch seine Geschichte sind wir, seine Familie überwältigt über die weltweite Reaktion und Anteilnahme anlässlich seines Todes. Viele Zeitungen im In- und Ausland bis hin zur NY Times haben noch einmal über seine Geschichte berichtet. Wir sind sicher, unser Onkel wäre in seiner bekannten Bescheidenheit bewegt und auch sehr berührt gewesen.

Unser Onkel führte das Leben eines Manes, dessen Wirken durch den Mut und die Entschlossenheit geprägt war, die Geschichte wach zu halten und der gleichzeitig den Wunsch hatte, keinen Hass aufkommen zu lassen. Er war im Holocaust ungewollt zu einem Gerechten und gleichzeitig zu einem Held geworden. Er lebte nach dem Krieg in Dankbarkeit für den Retter Oskar Schindler und in der Angst, von Überlebenden Schergen und Ihren Nachkommen entdeckt zu werden.

Erst mit dem weltweiten Erfolg der Verfilmung durch Steven Spielberg, der ihn zu den Dreharbeiten nach Polen eingeladen hatte, ging unser Onkel mit seiner Geschichte in die Öffentlichkeit und begann über sein Leben in der Zeit des Nationalsozialismus zu sprechen.

Unser Onkel war überwältigt von dem großen Interesse an Schindlers Liste, ganz besonders aber, dass so viele junge Menschen mehr über diese Zeit Wissen wollten. Ihm war bewusst welche Wirkung der Name Steven Spielberg hatte, aber er sagte immer wieder, damit hätte er in seinen kühnsten Träumen nicht gerechnet.

Unser Onkel ging in Schulen und zu anderen öffentlichen Veranstaltungen. Er war als einer der wenigen noch lebenden Zeitzeugen, die bereit waren ihre Geschichte zu erzählen, ein vielgefragter Mann. Er brachte der heutigen Jugend, aber auch vielen Erwachsenen seine Werte nahe, die heutzutage leider nicht immer selbstverständlich sind. Nicht seine ganz persönliche Geschichte stand im Vordergrund, sondern vielmehr die Lektionen, die wir als Menschheit von diesen Geschehnissen und seinen persönlichen Erlebnissen lernen können. Aus ihm sprach nicht Hass oder Vergeltung, sondern aus seinem Glück, das Ganze überlebt zu haben, die Verpflichtung, dass Menschen anderen Menschen niemals mehr so etwas antun dürfen.

Somit wurde er nicht nur zum Brückenbauer zwischen Jung und Alt; er stellte auch die Verknüpfung zu den heutigen Herausforderungen unserer Gesellschaft her und förderte damit den interreligiösen Dialog.

Außerhalb seines öffentlichen Auftretens war unser Onkel in den letzten 50 Jahren auch ein geschätzter und erfolgreicher Unternehmer in Augsburg und Bayern. Er war bekannt für seine besondere Verhandlungstaktik, indem er mit viel Geduld und Überzeugung immer einen Konsens finden wollte. Hierin war er zum Leidwesen seiner Verhandlungspartner auch sehr ausdauernd.

Er führte ein bescheidenes und zurückgezogenes Leben – bis die Zeit reif war und er nach Veröffentlichung des Films Schindlers Liste den inneren Drang verspürte, der Öffentlichkeit seine Werte näher zu bringen.

Wir möchten heute auch die Gelegenheit nutzen, und den Menschen danken, die unserem Onkel in den letzten 2 Jahren seines Lebens zur Seite standen und alles erdenklich Mögliche getan haben, damit er diesen Lebensabschnitt in Würde erleben konnte.


Für meine Schwestern, meine Nichte und Neffen und für mich war unser Onkel immer der Bücheronkel. Zu jedem Anlass schenkte er uns Bücher und legte immer sehr viel Wert auf Bildung.


Er selbst war sehr belesen und hatte ein phänomenales Gedächtnis. Er konnte zu jedem Thema fundierte Ausführungen machen, ohne nachschlagen zu müssen.


Libri amici, libri magistri – Bücher sind Freunde, Bücher sind Lehrer.

Er war davon überzeugt, dass nur der wissende und belesene Mensch in der Lage ist, die Geschichte zu verstehen und somit als verantwortungsbewusster Bürger zu agieren.


Wir, als nächste und übernächste Generation der Familie Pemper würden ohne das Überleben unseres Vaters Stefan Pemper bei Oskar Schindler heute hier nicht stehen – mittlerweile sind aus 1.200 überlebenden Schindler Juden weit mehr als 6.000 Kinder und Kindeskinder geworden – und glücklicherweise werden es täglich mehr…


In uns lebt und wirkt die Kraft des Vermächtnisses weiter. Wir werden dieses Andenken pflegen und weiter tragen – als unsere besondere Pflicht und Ehre und als Wertschätzung unseren Verstorbenen und unserem Onkel gegenüber.

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