Julia Burlefinger und Ulrike Feiger, Teilnehmer am Mietek Pemper Projekt, PKG

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Lesung Julia Burlefinger

 

Im März 1943 wird Mietek Pemper unfreiwillig persönlicher Stenograph und Dolmetscher
des neuen Lagerkommandanten von Plaszow, Amon Göth, der sich bei der Auflösung des
Krakauer Ghettos als grausamer Mörder hervorgetan hatte.

 

In seinem Buch „Der Rettende Weg“ schreibt Pemper:

 

„In den ersten Monaten meiner Lagerhaft war ich … die einzige Bürokraft in seinem
Kommandanturbüro. Ich wusste, dass Göth die Leute in seiner unmittelbaren
Umgebung malträtierte. Einige folterte er grausam, andere erschoss er.
Nun hatte ich es also, tagein, tagaus, mit einem Massenmörder zu tun.
Es gab keine Möglichkeit, mich von meiner mir befohlenen Arbeit zu befreien.
Meine Überlebenschancen waren äußerst gering.“

(Pemper, S.63)

 

Alle Gefangenen fürchteten die Begegnung mit Göth, niemand wagte für ihn zu arbeiten, ich zitiere:

 

„Einige der jungen Leute fürchteten sich sogar davor, Göth nur aus der Ferne zu sehen,
denn selbst das war unter Umständen schon mit einem Risiko verbunden. Wenn Göth von
seiner Villa zur Schreibstube hinunterging, tötete er ziemlich oft auf dem Weg
ein oder zwei Menschen. Deshalb versteckten sich die Häftlinge oft, änderten,
wenn es möglich  war, die Gehrichtung oder wichen unauffällig aus. Unter keinen
Umständen wollten sie Göth begegnen.

Ich bin darum sicher, dass mich keiner meiner Mithäftlinge um meine Arbeit in Göths
Schreibstube beneidete. Besonders deutlich wurde das, als ich einige aus dem
Kreis meiner ehemaligen Kollegen in der Jüdischen Gemeinde dazu bewegen wollte,
mir bei meiner Arbeit im Büro zu helfen. Was? Riefen sie erschrocken, fordere
uns nur ja nicht an! Sie hatten Angst, in Göths Nähe sein zu müssen, und schon
gar nicht wollten sie für ihn arbeiten.“ ……..

 

Göths jüdisches Hausmädchen, sein Masseur, der Pferdeknecht und die anderen
Häftlinge, die in seiner unmittelbaren Nähe arbeiten mussten, fürchteten Göths
Unberechenbarkeit und Willkür. Göth ließ sich jeden Tag rasieren…..
Dabei schrie er bisweilen den Friseur dermaßen an, dass der arme Mann zitterte,
was beim Rasieren mit einem scharfen Rasiermesser nicht gerade hilfreich ist.
Ich weiß nur noch, dass der Frisör sich eine Verletzung der rechten Hand zufügte,
um Göth nicht mehr rasieren zu müssen. Mir stand ein solcher Ausweg nicht offen.
Ich hatte Göth jeden Tag, egal zu welcher Stunde, egal wie lange, zur Verfügung
zu stehen.

 

Mietek Pemper sah deshalb seine Aufgabe auch darin, Göths Jähzorn zu zügeln:

 

„Göth war wie eine geöffnete Sodawasserflasche – im wörtlichen Sinne ‚aufbrausend’.
Das zeigte mir, dass ich auf gar keinen Fall seinen Zorn auf mich ziehen
durfte, denn wer sollte ihn dann ablenken? Wer sollte dann, vielleicht im
letzten Moment, eine Erschießung verhindern?“

 

Amon Göth übertraf alle anderen Nazi-Schergen an Grausamkeit und Willkür, hier ein Beispiel: 

 

„Ich sitze in der Kommandanturbaracke beim Diktat. Während er spricht, sieht er
in den Außenspiegel an seinem Fenster, mit dessen Hilfe er das Gelände vor der Baracke
überblicken kann. Plötzlich steht er auf, nimmt eines der Gewehre von der Wand,
öffnet rasch das Fenster. Ich höre einige Schüsse, dann nur Schreie. Als hätte
nur ein Telefonat das Diktat unterbrochen, kommt Göth zum Schreibtisch zurück
und fragt: wo sind wir stehengeblieben?

 

Göth wollte durch seine mordlüsterne Brutalität seine Karriere beschleunigen, ich zitiere:

 

„Mir ….wurde sehr schnell klar: Wer ihm gefiel, blieb am Leben, wer nicht,
ging in den Tod.
….
Göth verhielt sich extremer, brutaler als andere Kommandanten. ………
Er führte nicht nur die Befehle seiner Vorgesetzten aus. Er ließ sich darüber hinaus
immer etwas Neues einfallen, um noch grausamer und gnadenloser vorzugehen.
Göths Verhalten erschien mir wie das negative Spiegelbild meiner eigenen
ethischen Überzeugungen. (Pemper, S. 157)

 


Mietek Pempers Äußerungen zu Schuld und individueller Verantwortung reflektieren auch seine
ethischen Grundüberzeugungen:

 

„Für mich mgibt es keine ‚Kollektivschuld’, ich kann keine Nation, keine Religion,
kein Volk insgesamt verurteilen. Ich trauere um den Verlust so vieler Menschen, die
ermordet wurden. Mich erfüllt mit großer Sorge, dass sich damals so viele so
leicht manipulieren ließen. Auch gab es nur wenige, die in der Not geholfen
haben. Was damals passierte, darf um der Zukunft willen nicht vergessen werden.
Wir können aus der Geschichte nicht aussteigen. Doch die Menschen werden sich
erst dann höher entwickeln, wenn das Prinzip der individuellen Verantwortung
Schule macht, wenn Nicht-Mitmachen zu einer Tugend wird und blinder Gehorsam an
Wertigkeit verliert. Wir alle tragen die Verantwortung für eine bessere
Zukunft. Dazu gehört meines Erachtens, den anderen in unserer Gesellschaft, den
Fremden, in unser Mitte zu akzeptieren.“ Mietek Pemper, S.265f

 

 

 

Ehe Oskar Schindler in der Nacht zum 9. Mai 1945 das Lager in Brünnlitz verließ,
charakterisierte er in der Ansprache an „seine Juden“ die Verdienste Mietek Pempers
in aller Kürze:

 

„Für Euer Überleben dankt nicht mir, dankt Euren Leuten, die Tag und Nacht arbeiteten,
um euch vor der Vernichtung zu retten. Dankt Eueren unerschrockenen Stern und
Pemper und einigen Anderen, die bei der Aufgabe für Euch, vor allem in Krakau,
jeden Moment dem Tode ins Auge geschaut haben, die an Alle dachten und für
Alle.“

 

 



Ulrike Feiger


Schüler des Paul-Klee-Gymnasiums Gersthofen lernten Mietek Pemper als Zeitzeugen,
als Kommentator der Filme von Steven Spielberg und Roman Polanski, als einfühlsamen
Gesprächspartner und als Besucher unserer Benefizveranstaltungen zugunsten von
Zwangsarbeitern kennen.

 

Wir alle waren zutiefst beeindruckt von seiner Wahrheitsliebe, seiner Bescheidenheit,
seinem Humor und menschlichen Wärme, vor allem von seinem Mut und seiner Intelligenz,
mit welcher er den nationalsozialistischen Schergen Paroli bot und damit
maßgeblich an der Rettung vieler Menschen beigetragen hat.

 

Daher haben wir von 2007-2010 die Internethomepage www.mietek-pemper.de
www.mietek-pemper.de</a> erstellt und dort über 2000 Dokumente: Bilder, Briefe, Zeitzeugenberichte, Interviews, Filme und Texte eingestellt.

 

Wir wollen damit die Erinnerung an den einzigartigen Menschen Mietek Pemper wach halten.

 

Seine Maxime "Frustra vivit qui nemini prodest" haben wir zu unserer eigenen gemacht und sind bestrebt, danach handeln.

 

 

 

 

 


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