Kapitel 12 - Göth, Schindler und die Emalia

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Die Emailwarenfabrik heute

Inhaltsverzeichnis

Die Emailwarenfabrik

Bevollmächtigung Schindlers als Besitzer der deutschen Emailwarenfabrik
Bevollmächtigung Schindlers als Besitzer der deutschen Emailwarenfabrik

Am 14.11.1939 unterzeichnet Oskar Schindler den Pachtvertrag für die „Rekord GmbH“, eine Emailwarenfabrik in der Lipowastrasse 4, die 1937 von drei jüdischen Kaufleuten gegründet worden war und im Sommer 1939 Konkurs anmelden musste. Die Fabriksgebäude liegen in Zablocie, einem Quartier des Arbeiterwohnviertels Podgorze, genau dort, wo ab März 1941 die Grenze des neu errichteten Krakauer Ghettos verlaufen wird. Von hier bis zu den beiden jüdischen Friedhöfen an der Jerolimskastrasse, dem künftigen Standort des Zwangsarbeiterlagers Plaszów, sind es ca. 3 Kilometer. Das Unternehmen wird als „Deutsche Emailwarenfabrik Oskar Schindler“ bzw. als Emalia weitergeführt. Im April 1940 waren nur 7 Juden neben 250 polnischen Arbeitern beschäftigt, 1942 werden es 550 jüdische Arbeitskräfte sein, 1943 um die 900 und 1944 über 1000 Juden.

Bedeutsame Rolle Abraham Bankiers

Oskar Schindler, Abraham Bankier und leitende Angestellte
Oskar Schindler, Abraham Bankier und leitende Angestellte

Mit dem jüdischen Geschäftsmann Abraham Bankier, dem ehemaligen Prokuristen der Rekord GmbH, hat er einen vorzüglichen Kenner des Schwarzmarkts an seiner Seite, und der deckt 80% des Bedarfs der Bevölkerung im GG (Gangster Gau bzw. Generalgouvernement). Bankiers Geschick und Risikobereitschaft verdankt Schindler die hohen Gewinne der „Emalia“ aus der Schattenwirtschaft, die er investiert, um noch mehr Juden anzustellen, um so deren Überleben zu retten.

Erwerb der Emalia

Im September 1942 erwirbt Schindler das Unternehmen vom polnischen Handelsgericht für 254.674 Zloty, ein Spottpreis für ein Unternehmen, das 1942 einen Profit von 3 Millionen Zloty macht. Mittlerweile haben die Deportationen ins Vernichtungslager Belzec begonnen, die Gestapo und die SS macht auch nicht Halt vor Juden mit dem „Blauschein“. Im Juni 1942 kann Schindler erst in letzter Minute Abraham Bankier und andere Mitarbeiter aus dem Todeszug holen.

Göth und Schindler

Weil ihn die Auflösung des Krakauer Ghettos beunruhigt, wendet sich Schindler Ende Februar, Anfang März 1943 an den neuen Lagerleiter Amon Leopold Göth. Schindler, ein „Kontaktkünstler“ ( Mietek Pemper) versteht sich auf Anhieb mit Göth. Sie sind gleich alt, und haben einiges gemeinsam: Jeder verfügt auf seine Weise über die Gabe, Leute die mächtiger sind als sie zu manipulieren. Beide können Eindruck schinden und gewinnen das Wohlwollen anderer. Beide sind Showmaster, und schlau genug, um ihre eigentlichen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren.

Freundschaft

Schindler entspannt bei  Amon Göth im Garten
Schindler entspannt bei Amon Göth im Garten

Oskar Schindler freundet sich mit Amon Göth an, duzt „Mony“, der von den großzügigen Geschenken und den hübschen Frauen, die Schindler mitbringt, beeindruckt ist. Oskar Schindler kann Mony von der Notwendigkeit eines Außenlagers für die Arbeiter der „Emalia“ überzeugen. Der lange Anmarsch aus Plaszow in die Fabrik sei ein Sicherheitsrisiko und zugleich nachteilig für die Produktivität, meint Oskar Schindler, der noch dazu die Kosten übernimmt. Nach den Aussagen seiner Tochter Monika soll Amon Göth sich sehr wohl über die wahren Motive Schindlers im Klaren gewesen sein.

Investitionen Schindlers

Die Bekenntnisse des Herrn X. Seiten: 1 2;3 4;5 6;7; Quelle: Bundesarchiv Koblenz
Die Bekenntnisse des Herrn X. Seiten: 1 2;3 4;5 6;7; Quelle: Bundesarchiv Koblenz

Der siebenseitige Bericht Schindlers an den Joint Distribution Committee (AJDC) in Budapest „Die Bekenntnisse des Herrn X“, der in Schindlers Koffer“ neben 1900 anderen Dokumenten gefunden wurde, berichtet genauer von Oskar Schindlers Umgang mit Göth: „Wenn ich ihn besuche, muss ich mindestens 5-6 Flaschen mitnehmen, und eine Flasche Kostet 2000-3000 Zloty. Ich bin mit ihm auf die Jagd gegangen, ich habe mit ihm getrunken. Ich habe versucht, ihm zwischen zwei Flaschen Schnaps klarlegen, dass die Ermordung der Juden eigentlich sinnlos und überflüssig ist. Ich glaube, auf ihn gewirkt zu haben. Ich habe bei ihm erreicht, dass er mir erlaubt, Juden zur Arbeit in meine Fabrik zu bestellen. Ich kann selbst bestimmen, wen ich haben will. Das ist eine große Errungenschaft.“[1]

Errichtung eines Außenlagers

Göth jedenfalls erwirkte bei Julian Scherner die Genehmigung dafür, dass am 8.5.1943 zwischen dem rechten Weichselufer und dem Fabrikgelände ein Außenlager errichtet wird. Bis zum 25. Mai werden 558 Juden aus Plaszow hierher verlegt, erster Kommandant ist SS-Oberscharführer Albert Hujar. Von den insgesamt 11 Baracken sind 7 für die Häftlinge vorgesehen, in den vier anderen werden ein Ambulatorium und die Lagerküche sowie die Wachmannschaften und die OD-Männer untergebracht. Bewacht wird das Lager von den „schwarzen“ Ukrainern und dem fabrikeigenen Werkschutz der „Emalia“. Auch Arbeiter aus anderen Firmen finden in den Baracken in der Lipowastraße Unterkunft, z.B. Häftlinge, die in der „Neuen Kühler- und Flugzeugteile- Fabriken Kurt Hodermann Gmbh“ oder in der Barackenbaufirma Chmielewski beschäftigt sind. Im Sommer 1943 stimmt Göth noch der Errichtung eines weiteren Außenlagers zu, nämlich für die Arbeiter des Nachrichtengerätelagers der Luftwaffe.[2]

Das Lager

Auch in dem neuen Außenlager gibt es einen Appellplatz, auch dieses Lager ist mit Stacheldraht mit Wachtürmen mit Maschinengewehren, aber die Verpflegung hier ist deutlich besser. Die Jüdische Unterstützungsstelle „JUS“ kann immer wieder Lebensmittel, Medikamente, Kleidung, Desinfektionsmittel und Verbandsmaterial anliefern. Oskar Schindler kauft auf dem Schwarzmarkt Lebensmittel und gibt hierfür bis zu 50 000 Zloty monatlich aus.[3] Vor allem aber bleiben den Arbeitern die schlimmen Schikanen erspart, die das Leben im Hauptlager zur Hölle machen. Allerdings muss zu den Hinrichtungen am Appellplatz Plaszow immer ein Vertreter der Häftlinge anwesend sein.[4]

Mietek Pemper als Hauptinformant Göths

Mietek Pemper ist der Hauptinformant für Schindler. Sie treffen sich immer dann zu einem Gespräch in der Lagerverwaltung, wenn Göth auf einer Inspektion in einem anderen Außenlager ist. Pemper berichtet bei diesen Gelegenheiten Schindler über die neuesten Entwicklungen und über eventuell drohende Gefahren für die Arbeiter in der Emalia. In Oskar Schindler sah Pemper den „rettenden Weg“: „Niemand außer Oskar Schindler zeigte Interesse an unserem Schicksal. Sein Mut gab mir das Vertrauen in die Menschheit zurück. Wenn ich ihn im Lager traf, wusste ich, es gibt eine andere Welt für die es sich lohnt zu leben.“[5]

Kontrollgänge in der Emalia

Anfrage für Rechnungen der Emalia Fabrik; Quelle: Bundesarchiv Koblenz
Anfrage für Rechnungen der Emalia Fabrik; Quelle: Bundesarchiv Koblenz

Göth machte auch Kontrollgänge bei der „Emalia“, kündigte diese jedoch zuvor, sodass Schindler dann seine Arbeiter warnen konnte. Göth sorgte für peinliche Sauberkeit. Ein am Boden liegendes Papier musste von einem der anwesenden Arbeiter mit dem Mund aufgehoben werden. Betrat Göth mit seinem Gefolge zusammen mit Schindler die Halle, mussten die jüdischen Arbeiter niederknien, des Öfteren schlug er den Knienden die Peitsche über den Rücken. Die Anwesenheit Schindlers verhindert des Öfteren so manche Untat des Massenmörders.[6]

Die Brutalität Göths

 Amon Göth , während polnischer Haft 1945
Amon Göth , während polnischer Haft 1945

Der Mörder in Göth bleibt Oskar Schindler jedoch nicht verborgen. Er wird Augenzeuge, als Göth eine seiner Doggen, den „Herrn Rolf“, auf den Brückenbau-Ingenieur hetzt und ihm den Oberschenkel und die Hoden zerfleischt. Schindler berichtet, dass Göth im Steinbruch einen jüdischen Häftling mit einem Fußtritt unter den Greifer eines Baggers befördert habe und dabei ums Leben kam. Die Brutalität Göths zeigte sich auch, als er einen Juden namens Lamus erschießen wollte, weil dieser eine Schubkarre zu langsam über den Fabrikhof schob. Der Mann hatte Depressionen, denn einige Wochen zuvor waren seine Frau und sein einziges Kind ums Leben gekommen. Göth gibt Franz Grün den Befehl: „Franz, leg ihn um!“. Glücklicherweise kommt Schindler dazwischen und besticht Grün mit einer Flasche Wodka. Arm in Arm mit Schindler macht sich Grün auf den Weg, um die versprochene Flasche abzuholen. Ein weiteres Mal zeigt Schindler Entschlossenheit und taktisches Geschick, als er den Juden Romek Wohlfeiler vor dem sicheren Tod rettet. Gerade als die Ukrainer den Juden in Handschellen ins Auto setzen und auf den Schwanzhügel zur Exekution fahren wollen, biegt Schindler in seiner Limousine in die Auffahrt ein. Geistesgegenwärtig lädt er die Ukrainer zum Wodka ein, telephoniert mit Göth und verspricht ihm eine hohe Geldsumme. Romek ist gerettet.

Einzelnachweise

  1. BA Koblenz, ‚Bestand N 1493: Schindler nachlass, zitiert nach: J. Sachslehner, Der Tod ist ein Meister aus Wien; Wien-Graz-Klagenfurt 2008; S. 192f
  2. So J. Sachslehner, a.a.O., S. 193; Mietek Pemper Pemper, S. 100ff
  3. Bericht Oskar Schindlers für den Joint von 1945, BA Koblenz, ‚Bestand N 1493: Oskar Schindlernachlass; abgedruckt bei: Erika Rosenberg (Hrsg.); Ich, Oskar Schindler Die persönlichen Aufzeichnungen , Brief und Dokumente; München 2000; S. 83-99
  4. so Johannes Sachslehner, a.a.O., S. 194
  5. Mietek Pemper, Der Rettende Weg; Hamburg 2005; S. 102
  6. J. Sachslehner, a.a.O., S. 196
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