Kapitel 16 - Massenexekutionen im "blutigen Herbst" 1943

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Amon Göth hat wieder gewütet
Amon Göth hat wieder gewütet

Inhaltsverzeichnis

Göths Villa

Göth's Villa in Plaszów
Göth's Villa in Plaszów
Irene Kalder mit Göth's Dogge
Irene Kalder mit Göth's Dogge

Im Herbst 1943 kann Göth mit seiner Freundin Irene Kalder endlich seine Villa beziehen, die ehemals von zwei jüdischen Familien bewohnt war. Ein Zwinger für die Hunde wurde sogar gebaut, der Zugang zur Villa ist mit hellem Marmor vom alten jüdischen Friedhof gepflastert. Göth nutzt den Umzug, um einige Beutestücke wegschaffen zu lassen. Franz Grün schickt er mit zwei schweren Koffern mit Schmuck und anderen Wertgegenständen nach Wien zu seiner Familie.

Hochzeitsgesellschaft als angebliche Partisanen von der SS liquidiert

Naftali Derschowitz wird Zeuge, wie die Gestapo eine Hochzeitsgesellschaft auf dem Schwanzhügel exekutiert. Die Braut trägt noch ihr weißes Kleid, die Musiker haben noch ihre Instrumente dabei, die Priester sind noch im Talar. 50-60 Menschen werden in eine Grube getrieben, SS-Männer eröffnen das Feuer. Die Ermordeten sind dieses Mal keine Juden, sondern christliche Polen. Einige Gestapoangehörige aus Krakau sollten an die Front versetzt werden, da es in der Region ruhig und wenig zu tun sei. Als Gegenbeweis verfiel die Gestapo auf die irrsinnige Idee, in einem Dorf in der Nähe von Krakau diese Hochzeitsgesellschaft auszuheben und sie unter dem Vorwand, dass es sich eine getarnte Partisanen-Gruppe handle, nach Plaszów zum Erschießen gebracht.

Das Bonarka-Kommando

Albert Hujar, Unterscharführer
Albert Hujar, Unterscharführer

Im Frühherbst 1943 trifft eine Gruppe von 50 Häftlingen aus dem Ziegelwerk Bonarka ein. Von der Sicherheitspolizei werden die Häftlinge durchsucht. Göths eifrige Kumpanen Zdrojewski, Hujar, Grün und Gross sind mit dabei. Im ersten Schrecken über die angedrohte Durchsuchung haben mehrere Arbeiter ihr Brot weggeworfen. Auf die Frage, wer das Brot weggeworfen habe, erfolgt keine Antwort, sodass Zdrojewski Göth kommen lässt. Da die Häftlinge stumm bleiben, gibt Göth den Befehl zum Erschießen der 50 Personen. Von ukrainischen Wachleuten werden die Häftlinge auf den Schwanzhügel gebracht, Grün und Zdrojewski holen inzwischen ihre Maschinenpistolen. Einer der Häftlinge versucht zu fliehen, ein ukrainischer Wachsoldat holt ihn ein, der ihn aber nicht erschießt sondern ihm das Bajonett in den Leib rammt.

Dann müssen die Häftlinge in den Graben steigen, es spielen sich entsetzliche Szenen ab, viele bitten verzweifelt um ihr Leben. Göths Männer bleiben ungerührt und eröffnen das Feuer...[1]

Die Familie Goldfinger

Bürgerliche Familie

Die Familie Goldfinger besaßen in Krakau vor dem Krieg ein kleines Textilunternehmen. Samuel und Estera hatten fünf Buben und 4 Mädchen und bewohnten eine komfortable 5-Zimmer-Wohnung mit Parkettboden, Kristalllüstern und Perserteppichen, die Kinder spielen Tennis und gehen in einem protestantischen Gymnasium zur Schule. Das Haus steht auch nichtjüdischen Bekannten zu jeder Zeit offen, es finden Einladungen an den Bürgermeister, Polizeichef und andere wichtige Honoratioren statt. Bei Kriegsausbruch umfasst der Haushalt der Goldfingers noch 6 Personen: Mutter Estera, die vier Töchter Gena, Miriam, Hela und Sala und den jüngsten Sohn Willek, die Brüder Herman, Marcus, Soul und Janek haben bereits eigene Familien, nach der Invasion der Deutschen reißt der Kontakt zu ihnen ab. Herman, der älteste Sohn fällt als erster den Nazi zum Opfer. Er wird während einer Razzia zusammen mit seiner Frau und seinen drei Kindern von SS-Männern in der eigenen Wohnung erschossen.


Besitzverlust

Die Familie muss nun ihre gesamten Wertsachen abliefern. Die Nähmaschinen des Betriebes werden ins „Reich“ abtransportiert, Leinenstoffe, Teppiche, Pelze, Lampenschirme, silberne Kerzenleuchter und Tabletts – alles wird auf einem Leiterwagen zum SS-Hauptquartier gebracht. Sie müssen die leergeräumte Wohnung verlassen, man zieht in ein Zimmer in einen Vorort Krakaus. Man hält sich irgendwie über Wasser: Gena verkauft illegal Fahrräder, Mutter Estera strickt.

Umzug ins Ghetto

Geschäft im Ghetto von Podgorze
Geschäft im Ghetto von Podgorze

Im Herbst 1941 erfolgt die Übersiedlung ins Ghetto nach Podgorze. Zu fünft leben nun die Goldfinger in einem Raum in Parterre eines Miethauses; Küche und Badezimmer müssen sie mit zwei weiteren Familien teilen. Man schläft in Mäntel und Kleidern, denn Kohle ist knapp, das Bettzeug fror oft an.

Tod zweier Brüder

Bruder Janek wird beim Versuch, durch die Kanalisation aus dem Ghetto zu fliehen und sich dem jüdischen Widerstand in Frankreich anzuschließen, getötet. Janeks Frau und sein kleiner Sohn werden gleich bei der ersten „Selektion“ in den Tod geschickt. Willek, der jüngste Sohn, wird von einem Wachmann angeschossen und stirbt im Spital des Ghettos.Estera Goldfinger entkommt der Deportation aus dem Ghetto und kann ihre drei verbleibenden Töchter nach Plaszów begleiten. Die vier Frauen wohnen in Baracke 10 in der unersten Reihe. Hela muß im Arbeitslager die alten jüdischen Grabsteine zerkleinern. Nur noch Miriam arbeitet außerhalb des Lagers. Eines Tages kommt sie nicht mehr ins Lager zurück.


Tod der Schwester und ihres Mannes

Bei Ankunft im Lager ließ Göth die zurückkehrenden Arbeiter wieder einmal durchsuchen. Dabei wurden diverse Lebensmittel gefunden und Göth ordnet an, die ganze Gruppe zu erschießen. Sie werden auf den Schwanzhügel geführt, müssen sich nackt ausziehen und ihre Gräber ausschaufeln. Eng umschlungen werden Miriam und ihr Mann Henek, ein Architekt, von den tödlichen Kugeln getroffen. „Auch ihre Mutter und Hela haben inzwischen die Todesnachricht erhalten, sich gegenseitig tröstend versuchen sie den Schmerz zu bewältigen. Am nächsten Tag, so will es das Ritual des Todes, das Göth für seine Häftlinge festgelegt hat, müssen Estera Goldfinger und ihre beiden Töchter das Holz auf den Schwanzhügel tragen, mit dem die Leichen Miriams und Heneks verbrannt werden. Es ist wie immer: Jede Spur der Morde soll verwischt werden...[2]

Mutter Estera soll der Selektion zum Opfer fallen

Hujowa Gorka, der Hinrichtungsplatz in Plaszow
Hujowa Gorka, der Hinrichtungsplatz in Plaszow

Am Nachmittag des 15. Septembers werden die Baracken nach älteren Insassinnen durchkämmt. Wilek Chilowicz nimmt die Selektion vor, Estera Goldfinger soll selektiert werden. Daher wendet sich Gena direkt an den jüsichen Lagerarzt Dr. Gross: „Sie läuft zu ihm hin und bittet ihn inständig, für ihre Mutter bei der SS ein gutes Wort einzulegen, sie sei ja gesund und könne auf jeden Fall arbeiten. Dr.Gross verspricht Gena dies zu versuchen, gibt ihr aber auch zu verstehen, dass er die Chancen für eine Rettung der Mutter nicht unbedingt hoch einschätze. Was Gena nicht weiss: Der jüdische Lagerarzt Dr. Gross spielt durchaus eine Schlüsselrolle in dieser neuerlichen Mordaktion – Göth selbst hat ihn mit der Erstellung einer neuen Liste mit kranken und arbeitsunfähigen Häftlingen beauftragt; der Lagerarzt selbst entscheidet also über Leben oder Tod.“[3]

Massenexekutionen werden fortgesetzt

Gross ("Kinderfachabteilung")
Gross ("Kinderfachabteilung")

Noch einmal hat Estera Goldfinger Glück, sie wird von Dr. Gross in die Baracke zurückgeschickt. Nur wenig später werden 28 Frauen und Männer, die Dr. Gross auf die Todesliste gesetzt hat, auf dem Schwanzhügel erschossen. Massenexekutionen sind im Herbst 1943 fast an der Tagesordnung. Als ein Häftling aus dem „ Barackenbau“-Kommando flieht, soll die ganze Gruppe, also 35 Mann, darunter der erst 15-jährige Jozef Kempler aus Krakau erschossen werden. Göth überlegt es sich aber noch mal anders. „Es sind genügende alte Säcke hier im Lager, da können die noch leben bleiben!“ Dafür werden 60 ältere Männer „ausselektiert“ und sofort zum Erschießen auf den Schwanzhügel gebracht.

Der Tag des Jüngsten Gerichts

Vier Tage vor dem Yom Kippur Fest, am 4.Oktober 1943 kann die Jüdin Dobranska, die mit einem katholischen Polen verheiratet ist, aus dem Lager entkommen und wird in ein Versteck in der Umgebung von Krakau gebracht. Sie überlebt den Krieg im Versteck, aber die Häftlinge müssen einen hohen Preis dafür zahlen. Nach Bekanntwerden der Flucht ordnet Göth als Sühnemaßnahme die Erschießung von 100 Männern an. Direkt am Yom Kippur, dem Versöhnungstag macht Göth seine Drohung wahr. 50 Mann, vor allem Kranke und Schwache, aber auch der 17-jährige Abraham Zuckerman, Sohn eines Hutmachers aus Krakau und Freund von Moniek Pantierer sollen sterben. Auf dem Schwanzhügel warten sie auf das Exekutierungskommando. Da taucht plötzlich Wilek Chilowicz, der Lagerälteste, auf und beginnt sie wegen der Flucht der Frau anzuschreien – eine Lektion, die nur gespielt und zur Beschwichtigung der Nazi-Mörder gedacht ist. Schließlich befiehlt Chilowicz ihnen, zurück an die Arbeit zu gehen und rettet so ihr Leben.

Jüdischer Widerstand

Anführer der ZOB
Anführer der ZOB

Um Göths Hundepfleger Adam Szab bildet sich im Oktober 1943 eine neue Gruppe von im Untergrund tätigen Häftlingen heraus. Sie nennen sich wiederum „Jüdische Kampforganisation“ (ZOB); ins Vertrauen zieht Szab vor allem Männer, die im Lager eine gewisse Bedeutung und etwas Bewegungsfreiheit haben: 5 Kapos sind mit dabei: Moshe Hecht, der Kapo der Baderäume, Victor Traubman, der Kapo der Metallwerkstätte, Moshe Sternlicht, der Kapo der Zimmerleute, Wilek Machauf, der Kapo der Elektriker, und eine gewisser Langer, Kapo des Deckenmagazins. Es werden drei Kampfeinheiten gebildet, die von Moshe Sternlicht, Weinreb und Immerglück geleitet werden. Auch Helen „Susanna“ Sternlicht hat eine gewisse Nähe zum Untergrund; auch der Reitlehrer Göths, Samuel Kepler ist Mitglied. Die wichtigste Person aber ist Adam Szab, da er nicht nur für Göth, sondern auch für SS-Untersturmführer Rahel arbeitet.

Einzelnachweise

  1. Johannes Sachslehner, Der Tod ist ein Meister aus Wien; Wien-Graz-Klagenfurt 2008; S.241
  2. zitiert nach: J. Sachslehner, a.a.O., S. 246
  3. ebenda, S. 246f
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