Kapitel 23 - Göth distanziert sich vom NS-Regime

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Inhaltsverzeichnis

Amon Göth
Amon Göth
Wilhelm Koppe
Wilhelm Koppe

Im Juni 1944 verschlechterte sich die Kriegslage für Deutschland: In der Normandie begann die Abwehrschlacht gegen die Alliierten und im Osten war die Wehrmacht überall auf dem Rückzug. General Wilhelm Koppe, höherer SS- und Polizeiführer Ost, beauftragte Amon Göth einen Sicherheitsplan für das KZ Plaszow zu erstellen. Göth nahm diese Aufgabe jedoch nicht sehr ernst und übergab sie Mietek Pemper. Von den Befehlen, die aus Berlin kamen, hielt Göth nicht mehr viel und verfolgte seine eigenen Interessen. Es ging im hauptsächlich darum, wie er die geraubten Güter gewinnbringend anlegen kann. Er denkt an ein Landgut und ein Bankhaus und holt hierzu auch die Meinung seines Vaters ein. Pemper muss ihm einen Fragenkatalog für die Kaufverhandlungen ausarbeiten. Zu Irene Kalder soll er des Öfteren gesagt haben: „ Die ganzen Nazis, die können mich mal!“ Göths Gesundheitszustand verschlechterte sich, er bekam Morphium verschrieben, hatte Diabetes und er leidete immer wieder an Erschöpfungszuständen. Ende Juni 1944 erhält Göth den Befehl, binnen Stunden das Lage Mielec zu räumen. Die Heinkel Flugzeuge werden mit den Häftlingen ins Außenlager Wieliczka gebracht. Im Salzstollen, nur 20 km von Plaszow entfernt, sollen in aller Eile eine unterirdische Flugzeugfabrik entstehen- ein verzweifeltes Unterfangen angesichts der herannahenden Front. Die polnischen Untergrundkampforganisation dar Armia Krajowa (Nationale Armee) unternimmt am 11. Juli 1944 ein Attentat auf Wilhelm Koppe, aber der General wird nur verwundet, die Attentäter werden gestellt.

Die Suppenfolter

Suppenausgabe; Quelle:J.Sachslehner, S.321
Suppenausgabe; Quelle:J.Sachslehner, S.321

Nach einer ganzen Nacht Arbeit in der Näherei gingen die Arbeiterinnen auf den Appellplatz um ihre Portion Suppe abzuholen. Eine 15-jährige Jüdin, die sehr unter dem ständigen Hungergefühl litt, aß ihre Suppe besonders schnell in der Hoffnung so eine 2. Portion zu bekommen. Der SS-Mann Willi Stäubl kam hinzu und fragte das Mädchen wieso es noch einmal hier stehe. Sie antwortete wahrheitsgemäß. Er zwang das Mädchen den ganzen restlichen Suppenkessel auszuessen, bis das Mädchen halb tot war. Dann sagte er: „ Jetzt seht ihr, wie wir Kreaturen füttern, die nicht zufrieden sind mit dem, was sie haben und ihre Kameraden um das Essen bringen wollen!“ Ca. 20 Frauen aus ihrer Gruppe bekamen an diesem Morgen nichts mehr zu essen, doch trotzdem halfen sie das Mädchen wieder gesund zu pflegen. Sie überlebte die Hölle von Plaszów.

Wer leben will, stirbt...

Mauthausen Quelle: USHMM
Mauthausen Quelle: USHMM
KZ Plaszów
KZ Plaszów
Ein Wachmann hetzt Hunde auf einen jüdischen Zwangsarbeiter
Ein Wachmann hetzt Hunde auf einen jüdischen Zwangsarbeiter

Das Lager Rzeszów wurde aufgelöst und die Häftlinge wurden ins KZ Plaszów deportiert. 3 Tage später wurde dieser Transport nach Mauthausen weitergeleitet. Nacek Reben, ein jüdischer Beamter, der bei diesem Transport dabei war, bat Göth darum, dass er in Plaszów bleiben dürfe. Darauf meinte Göth nur: „Du wirst heute erschossen!“. Nach einem vergeblichen Fluchtversuch zweier Häftlinge wird eine Hinrichtung angesetzt. Stella Müller wird Zeugin dieser Szene. Die beiden Häftlinge werden von zwei Pferden, eines von Göth selbst, das andere von Hujar geritten, um den Appellplatz geschleift. Göths Hunde schnappen immer wieder nach ihnen und reißen Fetzen von Fleisch aus den Körpern der Gefangenen. Am Ende des grauenvollen Schauspiels erschießt man die beiden. Die junge Stella Müller hat alles mitverfolgt: „Ich zittere nicht, habe keinen Schluckauf, ich will nicht leben. Hier jedoch fragt keiner danach, ob man will oder nicht. Wer leben will, stirbt und wer tot zu sein wünscht, muss leben!“[1]

Schwarzhändler Victor

Albert Hujar
Albert Hujar

Victor Lezerkiewiczs arbeitete im Lager als Elektriker. Von Unterscharführer Franz Simonlehner wird er gezwungen, für ihn Zigaretten im Lager zu verkaufen: „Pass auf! Ich habe noch mehr Zigaretten und ich möchte, dass du sie mir verkaufst. Ich will Geld, um mir damit schöne Sachen kaufen zu können.“[2]

Schwarzhandel galt jedoch als Verbrechen im Lager und wurde mit dem Tode bestraft, aber was hätte Victor tun sollen? Damit entwickelte sich allmählich eine Geschäftsbeziehung zwischen Victor und Simonlehner. Victor musste für Simonlehner Brot, Butter, Süßigkeiten, Zigaretten verkaufen, er war zum Schwarzhändler geworden. Eines Tages übernimmt Victor 10 Packungen Zigaretten und verbirgt sie unter seinem Hemd. Aber dieses Mal schleppt ihn Simonlehner ins Büro von SS-Oberscharführer Hujar und denunziert den „Schwarzhändler wider Willen.“. Beide schlagen nun mit ihren Peitschen auf Victor ein, bis er zu Boden sinkt. Seine Nase ist gebrochen, Blut sickert aus dem Mund. Hujar und Simonlehner rufen einige OD-Männer herbei und befehlen, ihn auf den Schwanzhügel zu bringen und ihn dort zu verbrennen. Als die OD-Männer merken, dass er noch am Leben ist, lassen sie Victor laufen. Er schleppt sich zu seinen Freunden, die ihn gesund pflegen. Er überlebt Plaszów, weil er es auf Oskar Schindler Schindlers Liste schafft.

Sechs Laib Brot für eine Viertelmillion Dollar...

Josef Steif
Josef Steif

Dr. Maximilian Hauptmann, ein jüdischer Überlebender aus München, der als Statistiker bei den Elektrikern im Lager Plaszów arbeitete, gab folgende Stellungnahme zur Person Amon Leopold Göth ab: Als ein Transport aus dem Lager nach Auschwitz ansteht, wendet sich der jüdische Häftling Steif, ehemals erfolgreicher Geschäftsmann, direkt an Göth und bietet ihm folgendes Geschäft an: Schonung seines Lebens gegen versteckte Juwelen im Wert von 250 000 Dollar. „Eine Viertelmillion Dollar Herr Kommandeur, eine Viertel Million Dollar und niemand weiß, wo sie versteckt sind.“[3] Steifs Rechung scheint aufzugehen. Er darf im Lager bleiben und wird nicht nach Auschwitz gebracht. Nach mehr als einem Monat lässt sich Göth von Steif das Versteck zeigen. Göth scheint sehr zufrieden gewesen sein, denn nach seiner Rückkehr ins Lager erhält Steif eine Sonderration: 6 Laib Brot und eine doppelte Portion Suppe. All das für eine Viertelmillion Dollar. Am Abend es gleichen Tages stattet Göth dem Juden Steif einen Besuch ab. Er weiß, dass jeder Mitwisser gefährlich werden kann, und so gibt es jetzt von Göth keine Geschenk mehr, sondern nur die Kugel, die den alten Mann tötet.

Einzelnachweise

  1. Stella Müller, zitiert nach Johannes Sachslehner, Der Tod ist ein Meister aus Wien; Wien-Klagenfurt-Graz, 2008, S. 323
  2. Zitiert nach J. Sachslehner, a.a.O., S. 324
  3. ebenda, S. 327
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