Prof.Dr.Alois Loidl, amtierender Präsident der Universität Augsburg

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Trauerfeier für Herrn Pemper Synagoge, Halderstaße Donnerstag, 14. Juli 2011, 15.00 Uhr

Rede des Amtierenden Präsidenten, Prof. Dr. Alois Loidl

Liebe Trauergemeinde, liebe Angehörige,

die Universität Augsburg trauert mit Ihnen um ihren Akademischen Ehrenbürger, Herrn Mieczyslaw Pemper.

Mietek Pemper wurde am 28. Juni 2001 gemeinsam mit dem polnischen Historiker, Publizisten und damaligen polnischen Außenminister, Wladyslaw Bartoszewski, in den Kreis der Akademischen Ehrenbürger der Universität Augsburg aufgenommen. Diese höchste Auszeichnung, die die Universität zu vergeben hat und zu der Josef Becker, der Altpräsident der Universität, Mietek Pemper vorgeschlagen hatte, blieb ausschließlich Verfolgten von Diktatur und Gewaltherrschaft, insbesondere des Nationalsozialistischen Regimes, vorbehalten. Die Ehrenbürgerschaften wurden Pemper und Bartoszewski gemeinsam verliehen „in Würdigung ihrer beispielhaften Bereitschaft, erlittenes Unrecht zu verzeihen, und in Anerkennung ihres engagierten Wirkens für den polnisch-deutschen und den jüdisch-christlichen Dialog“. Neben Pemper und Bartoszewski, der unter anderem in Ausschwitz inhaftiert und am Aufstand des Warschauer Ghettos beteiligt war und im Jahr 1986 für sein Engagement um die deutsch-polnische Verständigung den Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhielt, befinden sich unter den Akademischen Ehrenbürgern der Universität Augsburg namhafte Persönlichkeiten: Josef Felder, der 1933 als Mitglied der SPD-Reichstags-Fraktion gegen das Ermächtigungsgesetz stimmte,

Friedrich Georg Friedmann, 1933 in die Emigration getrieben und nach dem Krieg als Professor für Amerikanistik in München ein führender Vertreter im Dialog zwischen Juden und Christen, oder Ernst Kramer, der nach Inhaftierung im KZ Buchenwald und Emigration in die USA seit den fünfziger Jahren als enger Freund und Berater von Axel Springer maßgeblich an den Bemühungen beteiligt war, die nationalkonservativen Blätter des Springer-Verlags für einen Kurs der Verständigung zwischen Israel und der Bundesrepublik Deutschland zu gewinnen. Mietek Pemper steht aus eigenem Recht in dieser eindrucksvollen Reihe. Als junger Mann wurde er in höchster Bedrängnis und scheinbar aussichtsloser Lage zum Lebensretter. In seinen fortgeschrittenen Jahren erwies er sich als Mann der Aufklärung, der aufgrund seiner Erfahrungen insbesondere die Jugend politisch sensibilisieren wollte, um der Wiederkehr von Unrecht, Diskriminierung und Barbarei vorzubeugen. Mit knapp 23 Jahren hat er, unter dem ständigen Risiko, entweder selbst für den Transport in eines der Todeslager vorgesehen oder ohne weiteres ermordet zu werden, durch mutiges Handeln und tatkräftigen Widerstand maßgeblich zur Rettung von mehr als tausend jüdischen Mithäftlingen beigetragen. Nachdem er dann in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts das lange Schweigen über sein Schicksal gebrochen hatte, zeichnete er in Wort und Schrift ein präzises Bild von den grauenvollen aber gleichsam auch wundersamen Vorgängen, in die er leidend und handelnd verwickelt wurde. Und er trat für eine differenzierte Beurteilung auch der Täter ein, denen er und die mit ihm im KZ Krakau-Plazów Inhaftierten wehrlos ausgeliefert waren. Mietek Pempers Menschlichkeit war vollständig und umfassend. Sie zeigte sich in Tat und Wort, im Krieg wie im Frieden, im Ausnahmezustand von Diktatur und Verfolgung ebenso wie im Alltag von Demokratie und Freiheit. Durch seine Teilnahme an der Rettungsaktion Oskar Schindlers hat Pemper größte Klugheit und äußerste Unerschrockenheit bewiesen, die denkwürdig bleiben. Durch den unbedingten Willen zur Objektivität, mit dem er sich später als Zeitzeuge um eine historische Rekonstruktion des Geschehens bemühte, das auch sein Leben tief gezeichnet und verstört hatte, gab er ein weithin leuchtendes Beispiel, wie es trotz schrecklicher persönlicher Erlebnisse möglich ist, historische Gerechtigkeit zu üben. In beiden Fällen ist das Verbindende und zugleich Achtunggebietende das Bewusstsein individueller Verantwortung und moralischer Größe. Was sein Verhältnis zur Universität Augsburg betrifft, so hat Mietek Pemper die ihm verliehene Akademische Ehrenbürgerschaft von Beginn an als Verpflichtung verstanden. Nach Erhalt der Auszeichnung hat er der Stiftung der Universität Augsburg einen bedeutenden Betrag zur Verfügung gestellt, der dazu dient, in dauerhaft abgesicherter Form einen Forschungspreis auszuloben, der der Erforschung der Wurzeln der Katastrophen des 21. Jahrhunderts gewidmet ist. Seit dem Jahr 2003 wird er an Nachwuchswissenschaftler der Universität verliehen. Mit diesem Forschungspreis hat Mietek Pemper in der ihm eigenen Konsequenz einen weiteren Beitrag zur wissenschaftlichen Aufarbeitung des 20. Jahrhunderts geleistet, jenes Jahrhunderts, das er selbst das „saeculum horribile“ nannte und dabei auf den Doppelsinn des lateinischen Wortes verwies, der das „Staunenswerte“ ebenso einschließt wie das „Schreckliche“. Eine letzte Geste der Verbundenheit mit der Universität war seine Bereitschaft, trotz bereits angegriffener Gesundheit dem Kuratorium des im Jahr 2007 erstmals verliehenen Augsburger Universitätspreises für Versöhnung und Völkerverständigung beizutreten und in diesem Gremium mitzuwirken. Er hat sich diesem Ehrenamt nicht entziehen wollen, um seiner Verantwortung auch hier gerecht zu werden. Die Universität Augsburg, die sich die Losung „scientia et conscientia“ als Wahlspruch gegeben hat, steht tief in Mietek Pempers Schuld. Mit diesem unvergesslichen Menschen verbunden zu sein, ist für sie selbst zu einer Ehre und Auszeichnung geworden.

Wir verneigen uns vor Mietek Pemper. Wir werden uns seiner stets mit Bewunderung und Dankbarkeit erinnern und ihm ein ehrendes Andenken bewahren.


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