Kapitel 4: Schindlers Wandel

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Während seiner ersten Jahre in Krakau hatte Schindler vor allem Interesse, viel Geld zu verdienen . Doch mit dem Fortgang des Krieges und insbesondere angesichts der Judenvernichtung vollzog sich bei Schindler einen entscheidender Wandel .“[1]

Oskar Schindler (1939)
Oskar Schindler (1939)

„Es ist wesentlich festzuhalten.. dass meine Wandlung nicht nach dem 20. Juli 1944 eintrat, wo längst alle Fronten zusammenkrachten und viele nicht mehr wollten, sondern vier Jahre vorher, wo deutsche Blitzkriege der Welt den Atem nahmen.“

Oskar Schindler

„Ich wusste damals noch nicht, dass Schindler, der ja aus einer sudetendeutschen Familie stammte, vor 1939 einige Jahre beim achten Generalkommando der deutschen Spionageabwehr in Breslau tätig gewesen war. Schindler war zwar ein deutscher Patriot, doch mir begegnete er vor allem als ein Mann, der uns ohne Vorurteile betrachtete und uns nicht für Untermenschen hielt. Vielleicht war es dem Einfluss seiner religiösen Erziehung, vielleicht der Erfahrung mit jüdischen Jugendfreunden aus der Nachbarschaft zu verdanken, dass er ein anderes Verhältnis zu uns geschundenen Kreaturen bekam. Jedenfalls sah ich im Sommer 1943 in Schindler den rettenden Weg, nach dem ich seit Kriegsbeginn gesucht hatte. .... Niemand außer Schindler zeigte Interesse an unserem Schicksal. Sein Mut gab mir das Vertrauen in die Menschheit zurück“

Mietek Pemper, Der Rettende Weg, Schindlers Liste, Die Wahre Geschichte, Hamburg 2005, S.103

Inhaltsverzeichnis

Schindler als Profiteur

Die leitenden Angestellten der Emalia. Schindler (2.v.l) und Bankier (3.v.r.)
Die leitenden Angestellten der Emalia. Schindler (2.v.l) und Bankier (3.v.r.)

Dank des genialen Abraham Bankier stieg Schindler in seiner Krakauer Zeit zum unglaublich erfolgreichen Geschäftsmann auf. Im Finanzbericht nach Kriegsende beziffert er seinen Ertrag aus der Emalia auf 15 Millionen RM, eine weitere halbe Million will er aus der Rüstungsproduktion erwirtschaftet haben. In dem Bericht, den Schindler beim Lastenausgleichsamt einreichte, weist er einen Gewinn von 6,7 Millionen Zloty aus.

Verluste und Schulden

Bericht über Leistungen und Aufwendungen zur Rettung von Juden in der Zeit von 1939-1945 (Seite 1+2)(Weitere Seiten:  3,45,67,89,10  11,1213,14
Bericht über Leistungen und Aufwendungen zur Rettung von Juden in der Zeit von 1939-1945 (Seite 1+2)(Weitere Seiten: 3,45,67,89,10 11,1213,14

Aber gleichzeitig stand Schindler bei Banken, Kreditgebern und Gläubigern Ende 1943 mit Schulden von 3 849 411, 11 Zloty in der Kreide, hinzu kamen weitere Verbindlichkeiten von 1,5 Millionen. Man muss allerdings von einer doppelten Buchführung ausgehen, die offizielle, wonach er den oben erwähnten Schuldenstand aufwies, sodann die Buchführung für Schwarzmarkt geschäfte, welche die Haupteinnahmequelle für Schindler bildeten. Die polnischen Arbeiter waren überwiegend in der Emalia beschäftigt, während seine Juden im Rüstungsbetrieb von Emalia arbeiteten. Den Gewinn aus der Emalia verwendete Schindler zur Zahlung der 2,64 Millionen RM „für die Juden in der Fabrik, um deren Überleben zu sichern und ihr leidvolles Schicksal zu lindern.“[2]

Interventionen zugunsten der Juden und Polen

Immer wieder führte Schindler Beschwerde wegen der unzureichenden Lebensmittelversorgung und er setzte sich auch nachweislich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen seiner polnischen Arbeiter ein sowie ihre Deportation ins Reich.[3]

Verhaftungen Schindlers

Oskar Schindler in den 40er Jahren
Oskar Schindler in den 40er Jahren

Seine wiederholte Kritik an der SS, sein Einsatz zugunsten von Polen und Juden brachten ihm in dieser Zeit drei Verhaftungen ein. Ihm wurde Korruption vorgeworfen, sowie Fraternisierung mit Polen und Juden. Die letzte Verhaftung von 1944 erfolgte wegen des Vorwurfes, Schindler habe „den SS-Führer mit einer Summe von weitaus mehr als 200 000 Zloty bestochen.“[4]

Hohe Summen für Bestechungsgelder

Schindler entspannt bei Amon Göth im Garten
Schindler entspannt bei Amon Göth im Garten

Auch in seinem Finanzbericht von 1945 an den Joint spricht Oskar Schindler von Bestechungsgeld in Höhe von 550 000 Zloty, um Führer wie Amon Göth, SS-Oberführer Julian Scherner, den HSS PF des Distrikt s Krakau, den SS-Oberführer Rolf Czurda vom SD und SS-Untersturmführer Leonhard Jahn zu bestechen.[5]

In seinem Bericht an den Joint von 1945 schreibt Schindler: „Bestechungen an die höheren SS-Führer, die als Übermenschen begnadet waren, über Leben und Tod zu entscheiden, würden in ausführlicher Schilderung der Art des Forderns und Gebens Bände füllen. Dieses Feilschen um Menschenleben, dabei immer in Gefahr, sich selbst wegen Beamtenbestechung in das KZ zu bringen. Ich will nur größere Summen aufführen, die angelegt wurden, um die Gunst der Gebieter über das Schicksal der Juden zu erhalten. An der ausgeworfenen Summe ist SS-Hauptsturmführer Amon Amon Göth, Lagerkommandant und Massenmörder im KZ Krakau-Konzentrationslager Plaszów, mit mehr als der Hälfte beteiligt.“[6] Warum geschah Schindler nichts? Schindler war in seiner Argumentation höchst clever. Er verwies stets auf die Gefährdung des Kriegserfolges und kritisierte eine falsche Wirtschaftspolitik im Generalgouvernement. Vermutlich ließen sich auch Koppe und Krüger von Schindler „schmieren“.

Betriebslager des KZ Plaszów auf dem Emaliagelände

Auftrag für den Bau der neuen Halle durch Siemens AG
Auftrag für den Bau der neuen Halle durch Siemens AG


Nach der Schließung des Krakauer Ghettos im März 1943 schloss Schindler mit Amon Amon Göth, dem Lagerkommandanten des Lagers Plaszów die Vereinbarung, ein Betriebslager auf dem Emaliagelände zu errichten. Warum begann Schindler auf eigene Kosten ein großes Nebenlager mit Unterkünften und anderen Einrichtungen zu bauen begann, in denen auch die jüdischen Arbeitskräfte anderer Firmen wohnen konnten? Seine Motive waren sowohl moralischer als auch wirtschaftlicher Natur. Jüdische Arbeiter waren viel billiger als polnische, disziplinierter und zuverlässiger und arbeiten auch noch über ihre normale Arbeitszeit hinaus. Schindler behandelte seine Arbeiter sehr gut, z.B. erhielten alle Arbeiter auf dem Gelände der Emailwarenfabrik und auch die aus den umliegenden Fabriken erhielten dort regelmäßige Pausen und ausreichende Nahrung. Sie arbeiteten in einem 12- Stunden Takt. Ein Arbeiter aus Schindlers Fabrik beschreibt das Leben dort als angenehm. Einzig und alleine der Weg zur Fabrik und zurück war eine Tortur. Bis zur Schließung des Ghettos am 13/14. März 1943 kamen die Juden aus dem Ghetto, das nicht weit von der Emalia entfernt war. Um sieben Uhr morgens trafen sich alle Juden mit ihrer Kennkarte, die später durch die Judenkarte ersetzt wurde und dem Blauschein (= Arbeitserlaubnis) am Eingang des Ghettos. Zusätzlich trug jeder Jude an seiner Oberbekleidung ein Zeichen. „W“ steht für Wehrmacht (=der Jude arbeitet in einem Betrieb, der Dinge für die Wehrmacht produziert), „R“ für Rüstungsbetrieb und „Z“ für Zivilbetrieb. Auf dem Marsch in die Fabriken wurden die Arbeiter von SS-Männern begleitet. In der Emalia wurden hauptsächlich Kochtöpfe hergestellt, Griffe angebracht und in ein Emaillebad getaucht und schließlich gebrannt. Als Schindler nach Krakau kam, wollte er die Situation nutzen und Profite machen. Er behandelte seine Arbeiter anständig, da er wusste, dass zufriedene Arbeiter produktiver als unzufriedene waren. In der Folge vollzog sich ein Wandel Schindlers, hervorgerufen durch Ereignisse, die ihn zum Retter der Juden aus selbstlosen Motiven werden ließen.[7]

Grundriss der Fabrik (siehe auch Kataster bzw. Grundriss der Räumlichkeiten
Grundriss der Fabrik (siehe auch Kataster bzw. Grundriss der Räumlichkeiten

Erste Verhaftung Schindlers in Krakau

Von Ende 1941 bis Anfang 1942 wurde Schindler inhaftiert. Der Grund der Verhaftung war laut Schindler, dass er „mit Juden und Polen fraternisierte“. Außerdem hatte er wohl Schwierigkeiten wegen seiner „merkwürdigen Kontakte zum Attaché der deutschen Botschaft in der Türkei“. So wurde Schindler also in das Gestapo Hauptquartier, einige Kilometer von der Fabrik entfernt, gebracht.

Zweite Verhaftung: Vitamin B hilft

Schindler und SS-Hauptscharführer Gerhard Grabow, Göths Adjutant
Schindler und SS-Hauptscharführer Gerhard Grabow, Göths Adjutant
Julian Scherner
Julian Scherner
Häftlinge und Wachpersonal (Montelupich Gefängnis)
Häftlinge und Wachpersonal (Montelupich Gefängnis)
Montelupich Gefängnis
Montelupich Gefängnis

Die zweite Verhaftung fand dann 1942 oder 1943 statt. Schindler feierte in seiner Fabrik Geburtstag und einige seiner Arbeiterinnen, darunter auch Jüdinnen, gaben ihm einen Geburtstagskuss. Andere Arbeiter meldeten dies und so wurde Schindler einige Tage später in das Gestapogefängnis Montelupich, dem meistgefürchtetsten in Polen, gebracht. Schindler nutzte in dieser Situation seine Kontakte und bat den Gefängniswärter, gegen Geld fünf Flaschen Wodka zu besorgen. Auf einem Geldschein notierte er die Namen von hochrangigen NS- Offizieren und bat den Wärter dort anzurufen, dann könne er drei Flaschen Wodka behalten. Die anderen beiden solle er ihm und seinem Zellengenossen geben. Nachdem der Wärter Major Plathe von der Abwehr, General Maximilian Schindler von der Rüstungsinspektion und seine Sekretärin Viktoria Klonowska verständigt hatte, wurde Schindler wieder freigelassen. Julian Scherner, der HSS PF (=Höhere SS- und Polizeiführer) sagte zu Schindler nur: „ Sie müssen ein wichtiger Mann sein, Schindler, wenn im Lauf dieser Nacht siebzehn Personen bei mir anrufen, sich für sie verbürgen und für Ihre Freilassung plädieren.“

Die Mai/Juni-Deportationen der Juden ins Vernichtugslager 1942

Noch ein weiteres Ereignis, das Schindlers Denkweise immens beeinflusste, waren die brutalen Verhaftungen und Abtransporte der Juden in Krakau in die Vernichtungslager. Zunächst wurden 50 jüdische Intellektuelle verhaftet und in Auschwitz getötet. Eine gründlichere und grausamere Art der Festnahmen fanden zwischen dem 28. Mai und dem 8.Juni 1942 statt.[8]

Fassade des Montelupich-Gefängnisses
Fassade des Montelupich-Gefängnisses

Zweite Deportationswelle nach Belzec

Eine zweite Welle der Deportationen fand wenige Tage später statt. Die Deutschen schickten zwischen dem 2. und 8. Juni 1942 ca. 7000 Juden nach Belzec, das erst am 17. Mai 1942 eröffnet worden war. Bis Juni starben dort aber schon 80 000 Juden, von denen ein Viertel aus der Region Krakau stammen.

Die Endlösung und die Vernichtungslager

Die Deportationen wurden im Oktober des Jahres 1942 fortgesetzt und es wurde deutlich, dass es zur Endlösung der Judenfrage gehörte, das Krakau er Ghetto zu räumen. Immerhin lebten rund die Hälfte der europäischen Juden in den von Deutschen besetzten Gebieten Polen s und Russland s. Auch die sechs Vernichtugslager befanden sich dort. In nur einem Jahr wurden dort 1 650 000 Juden ermordet.

Die „Aussiedlungsaktion“ vom 28. Oktober 1942

Am 28. Oktober wurde den jüdischen Arbeitern befohlen, sich am Haupteingang des Ghettos einzufinden. Die „ Aussiedlungsaktion“ spielte sich wie folgt ab: Arbeiter wurden willkürlich ausgesondert. Manche durften bleiben, manche mussten gehen. Die selektierten Juden sollten sich um zehn Uhr treffen und ihre Wohnungen unverschlossen zurücklassen. Auch hier wurde wieder mit Willkür verfahren und auch Ärzte, die eigentlich nicht deportiert werden durften, wurden gezwungen, sich zum Abtransport aufzustellen. Im Krankenhaus wurden viele Menschen, die nicht transportfähig waren, erschossen. Kinder und Alte Leute wurden in großer Zahl erschossen. Es spielte sich ein schreckliches Szenario ab. 600 Juden wurden an diesem Tag ermordet und 6000-7000 nach Belzec gebracht. Am Ende dieser Aktionen war das Krakauer Ghetto nicht einmal mehr halb so groß wie zu Beginn.[9]

Auswirkungen auf Schindlers Fabrik

Schindler selbst litt unter der ständigen Unsicherheit im Ghetto. Generell musste er mit Ausfällen oder Verspätungen seiner Arbeiter rechnen. Alle seine Mitarbeiter hörten den ganzen Tag, was im Ghetto vor sich ging, da die Emailwarenfabrik in Hörweite des Ghettos lag. Schindler selbst musste jeden Tag auf dem Weg zur Fabrik am Ghetto vorbei und war den Gerüchen und dem Schrecken ausgesetzt. Der gesamte wirtschaftliche Erfolg von „Emalia“ war von den Arbeitern abhängig und so war klar, dass Schindler und auch die anderen Fabrikbesitzer mit diesen Umständen nicht einverstanden waren

Die Räumung des Krakauer Ghettos

Ghetto nach der Räumung (Krakau)
Ghetto nach der Räumung (Krakau)

Im März 1943 erging schließlich der Beschluss, alle Ghettos im Generalgouvernement bis 31. Dezember zu räumen. Die Insassen sollten entweder zur Zwangsarbeit oder in Vernichtugslager geschickt werden. Diese Abmachung betraf auch das Ghetto Krakau. So wurden mit Ausnahme der Personen, die noch arbeitsfähig waren, alle Insassen in die Vernichtugslager geschickt.

Die Errichtung des Zwangsarbeiterlager Plaszów

Die Räumung des Krakauer Ghettos war prägend für Oskar Schindlers Wandel. Für ihn war das sinnlose Blutvergießen in diesem ungeheuerlichen Ausmaß weder verständlich noch akzeptabel. Alle arbeitsfähigen Ghettobewohner kamen also in das Zwangsarbeit erlager von Amon Amon Göth, einem unberechenbaren Lagerkommandanten, bei dem sich kein Insasse seines Lebens sicher sein konnte. Er hatte bereits den Ruf, Menschen willkürlich zu töten. Die Häftlinge führten von da an ein Leben in Angst und Schrecken, ihre einzige Hoffnung war Oskar Schindler.

Lager Krakau-Plaszów
Lager Krakau-Plaszów

Das Massaker im Kinderheim

Ein Massaker im Kinderheim am 13. und 14. März dürften Schindler in seinem Entschluss bestärkt haben. Von den Ghettobewohnern wurde das Kinderheim als „ein Hafen im Meer des Schreckens“ bezeichnet. Auf Befehl der Deutschen war es Anfang 1943 gegründet worden und bot Platz für alle Kinder derjenigen Eltern, die in den Fabriken arbeiteten. Das Heim befand sich im Bereich B, der als Durchgangslager diente und in dem allen Juden untergebracht waren, die als arbeitsunfähig galten. Die Deutschen ordneten an, dass alle Bewohner von Ghetto A (= Arbeitsfähig) sich für die Verlegung ins Lager Plaszów bereit machen sollten, alle Bewohner von Ghetto B für die „Aussiedlungen“. Amon Amon Göth war beauftragt, das Ghetto zu räumen. Den besorgten Eltern wurde erzählt, dass in Konzentrationslager Plaszów auch Kinderbaracken eingerichtet würden. Kaum jemand glaubte daran. Die Juden setzten alle Hebel in Bewegung, die Kinder zu verstecken. Es wurden Verstecke gebaut, die Flucht aus dem Ghetto vorbereitet oder die Kinder mit ins Lager Konzentrationslager Plaszów geschleust. Amon Amon Göth fand aber die meisten der Kinder und ließ sie ins Kinderheim zurückbringen. Am Nachmittag war Ghetto B bis auf das Kinderheim brutal leergeräumt. Als dann die Deutschen ins Kinderheim kamen, stecken sie die Kleinen in Körbe und luden sie auf Wagen, die größeren wurden auf den Friedensplatz getrieben und dort erschossen.[10]

Das Ende des Ghetto B

Alle Erwachsenen, die bisher das Massaker überlebt hatten, wurden auf den Friedensplatz gebracht und nach Geschlecht und Arbeitsfähigkeit getrennt. Ältere Männer wurden dazu gezwungen, um ihr Leben zu laufen, um ihre Arbeitsfähigkeit unter Beweis zu stellen und wurden dann doch meist hinterrücks erschossen. Amon Göth selektierte persönlich 150 Männer für einen Arbeitseinsatz in Konzentrationslager Plaszów. Da aber sein Vorgesetzter Willi Haase der Ansicht war, es seien zu viele, befahl er die sofortige Erschießung von 75 Männern. Mit Schlägen trieben die SS die Juden vom Platz auf die LKWs. Die Kinder nahmen die SS-Leute bei der Hand und führten sie zum Exekution splatz. Um Munition zu sparen stellten SS-Leute die Kinder gelegentlich hintereinander auf und erschossen sie mit einer Kugel; manchmal legten sie mehrere Kinder in einen Kinderwagen und töteten sie mit einem Schuss[11]. Aus Ghetto B waren bei der Räumung1000 Juden ermordet und 4000 deportiert worden. Fast die Hälfte wurde im Krematorium II in Auschwitz II - Birkenau ermordet. 150 Juden wurden von ukrainischen Wachen erschossen, weil für sie kein Platz im Transportzug war. Wie schon erwähnt starben die meisten Kinder im Ghetto, da sie den Deutschen nicht von Nutzen waren.

Ursachen für Schindlers Wandel

Genia Wohlfeiler-Manor zeichnet Oskar Schindler
Genia Wohlfeiler-Manor zeichnet Oskar Schindler

David Crowes Interpretation

David Crowe
David Crowe

Nach David M. Crowe gab es wohl drei Gründe, die Schindlers Handeln auslösten. Zum einen, half er den Juden, weil das, was die Deutschen taten. Er handelte so, weil er als Humanist die menschenunwürdige Behandlung der Juden nicht mit ansehen konnte und wollte. Der zweite Grund für seine Handlungen war seine Verbundenheit mit der jüdischen Bevölkerung. Schindler selbst sagte: „Eine wesentliche, treibende Kraft meiner Handlungen war das Empfinden einer moralischen Verpflichtung gegenüber meinen zahlreichen jüdischen Mitschülern und Freunden, mit welchen ich eine herrliche Jugend, frei von Rassenproblemen, verlebt.[12]“ Obwohl Schindler in seinen frühen Jahren ein linientreuer „Sudetennazi“ gewesen war, hatte er sich mit dem Rassegedanken nie anfreunden können. Die dritte Ursache der Hilfe war nach Crowe der Desillusionierungsprozess nach dem Fall von Stalingrad sechs Wochen vor der Räumung der Ghettos. Schindler glaubte wie manch andere, nicht mehr an einen Sieg Hitlers. Nach dem Fall von Stalingrad setzte er sich immer entschiedener und energischer für die Juden ein. Es dürften aber eher seine persönlichen Erfahrungen bei der Auflösung des Krakau er Ghettos gewesen sein, die Schindler zum entschlossenen Retter seiner Juden machte, der zu allem bereit war.

Pemper beurteilt den Wandel Schindlers ein wenig anders:

Ich wusste damals noch nicht, dass Schindler, der ja aus einer sudetendeutschen Familie stammte, vor 1939 einige Jahre beim achten Generalkommando der deutschen Spionageabwehr in Breslau tätig gewesen war. Schindler war zwar ein deutscher Patriot, doch mir begegnete er vor allem als ein Mann, der uns ohne Vorurteile betrachtete und uns nicht für Untermenschen hielt. Vielleicht war es dem Einfluss seiner religiösen Erziehung, vielleicht der Erfahrung mit jüdischen Jugendfreunden aus der Nachbarschaft zu verdanken, dass er ein anderes Verhältnis zu uns geschundenen Kreaturen bekam. Jedenfalls sah ich im Sommer 1943 in Schindler den rettenden Weg, nach dem ich seit Kriegsbeginn gesucht hatte. .... Niemand außer Schindler zeigte Interesse an unserem Schicksal. Sein Mut gab mir das Vertrauen in die Menschheit zurück.“[13]

Einzelnachweise

  1. So Crowe, S. 159
  2. Oskar Schindler Antrag, 16. März 1954, BA Koblenz, Bd. 3,2; Abgedruckt der Bericht von 1945 an den Joint von 1945, bei dem ebenfalls von 2,64 Millionen RM die Rede ist: Erika Rosenberg (Hrsg). Ich, Oskar Schindler. Die persönlichen Aufzeichnungen, Briefe und Dokumente; München 200, S. 83-99.
  3. E. Rosenberg (Hrsg)., ebenda, Brief Schindler s an Fritz Lang, ebenda, S. 34
  4. Zitiert nach Crowe, S. 205
  5. wie Anmerkung 1, E. Rosenberg, S. 99
  6. E. Rosenberg (Hrsg.), ebenda, S. 87
  7. so Crowe S. 212 in seiner sehr langatmigen und ermüdenden Argumentation
  8. Vgl. Hierzu auch M. Pemper, Der Rettende Weg; Hamburg 2005, S. 42ff
  9. vgl. Hierzu ebenfalls Pemper, a.a.O., S53ff
  10. so Crowe, S.232
  11. Sol Urbach im Gespräch mit David Crowe, 13.4.1999; Pankiewicz, Tadeusz, Die Apotheke im Krakau er Ghetto, Essen 1995, S. 224
  12. Oskar Schindlers Brief an Kurt R. Grossmann, New York aus dem Jahre 1956. Der Brief befindet sich im Nachlass Schindlers, BA Koblenz, hier zitiert nach Pemper, a.a.O., S.103f
  13. Mietek Pemper, Der Rettende Weg, Hamburg 2005; S. 103
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