Kapitel 21 - KZ Plaszow

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„Ihr von der Wehrmacht glaubt, eure Hände bleiben sauber. Ihr seid ja so edel, kämpft ja so ritterlich. Die stecken ihre Nase nicht in den Dreck. Diese Feiglinge wollen ihre Seele retten, und wir dürfen die Schutzengel spielen und ihnen Rückendeckung geben.“

Amon Göth[1]

Lagerplan des KZ Plaszow
Lagerplan des KZ Plaszow

Inhaltsverzeichnis

Die neuen Aufseherinnen

Luftaufnahme von Plaszow; Quelle: J.Sachslehner, S.119
Luftaufnahme von Plaszow; Quelle: J.Sachslehner, S.119

Nachdem Plaszow am 10.01.1944 offiziell ein KZ geworden ist, verbreiten die neu eingetroffenen SS-Aufseher und Aufseherinnen mit ihrer Grausamkeit unter den Häftlingen rasch Angst und Schrecken. Besonders tritt dabei die 41-Jährige Alice Orlowski in den Vordergrund, die die Häftlinge oft gnadenlos misshandelt. Auch Louise Danz, Hildegard Löchert und Ehlert werden wegen ihrer Brutalität gefürchtet. Als SS-Oberaufseherin amtiert nun Alsa Ehrich, die in Majdanek bereits an den Selektionen für die Gaskammern mitgewirkt hat.

Kriminelle werden Kapos

Eingang der SS des KZ Mauthausen
Eingang der SS des KZ Mauthausen

Mit den neuen Aufsehern und Aufseherinnen kommen auch neue Häftlinge, Kriminelle aus dem „Reich“, die zu Kapos ernannt werden. Sie übernehmen gerne die Verantwortung, denn dann geniessen sie Privilegien. Göth, der inzwischen zum Kommandanten des KZ Plaszow ernannt worden ist, versucht alles, um den hohen Ansprüchen gerecht zu werden, die mit seinem Amt verbunden sind. Des Öfteren begibt er sich auf „Fortbildungen“, z.B. ins KZ Mauthausen. Von diesen Reisen bringt er die Idee mit, jedem Häftling eine Nummer eintätowieren zu lassen, die dank Mietek Pemper wieder verworfen wird. Außerdem will er in Plaszow ein Bordell einrichten lassen und obwohl Mietek Pemper zunächst erfolgreich dagegen argumentiert, entsteht im sogenannten „Fröhlichem Haus“ ein Lagerbordell.

Administrative Änderungen

Doch Göths Willkürherrschaft wird durch neue Vorschriften deutlich eingeschränkt, denn das Amt D II des SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamts in Berlin ist nun für dem Arbeitseinsatz eines jeden Häftlings zuständig. Das grundlose Töten von Häftlingen ist formal unmöglich geworden, da jede Exekution in Berlin beantragt und genehmigt werden muss. Die Nazis benötigen mehr denn je die Arbeitskraft der Juden. Durch den neuen Status von Plaszow darf auch Pemper keinen Einblick mehr in die Personalakten der SS-Leute nehmen.

Der Untergrund bewaffnet sich

Bild:Bundesarchiv Bild 146-1969-052-27, Kinder begrüßen Heinrich Himmler u. a..jpg
Zur Begrüßung überreichen Kinder Blumen an Heinrich Himmler, von links: SS-Gruppenführer Wilhelm Koppe, Heinrich Himmler und der Gauleiter von Oberschlesien, Fritz Bracht

Indes gelingt es Adam Sztab und seinen Freunden, der ZOB, sich Waffen zu „organisieren“. Zudem entwickeln einige ZOB-Mitglieder im Untergrund Granaten, die in einem kleinen Bunker versteckt werden. Für den Fall, dass das Lager geschlossen wird – was wohl den sicheren Tod für die Häftlinge bedeuten würde – wird ein Fluchtplan entwickelt. Versuche, mit dem polnischen Untergrund Kontakt aufzunehmen, scheitern aufgrund der Aversion der Polen gegenüber den Juden. Mitte Januar 1944 werden im Zuge der völligen „Liquidierung“ des Lagers in Szebnie etwa 100 Juden und 1200 Polen nach Plaszow gebracht, wo sie auf dem Schwanzhügel grausam hingerichtet werden. Nachdem HSSPF Ost Wilhelm Koppe Himmler von den feuchtfröhlichen Gelagen des SS-Distriktchefs Scherner im Schloss von Szebnie erzählt hat, wird ein Verfahren gegen diesen eingeläutet, wodurch auch Göth in Bedrängnis gerät. Bei einem Gespräch mit Kreisleiter Hans Arnhold am 28.2.1944 gelingt es Göth jedoch, seine Parteigenossen von seiner Loyalität und „Parteiwürdigkeit“ zu überzeugen.

Die letzte Jüdin

Villa Göths
Villa Göths

Bei einem Essen in Göths Villa beobachtet ein SS-Offizier das eigenartige Verhältnis zwischen Göth und „Lena“ Helen Hirsch und versichert ihr , dass sie genauso enden werde wie alle anderen Häftlinge, dass sie aber die letzte Jüdin sei, die man töten werde, da Göth aus den Misshandlungen, die er an ihr begeht, eine besonders sadistische Befriedigung ziehe. Laut Emilie Schindler sei Göth „unsterblich“ in Helen Hirsch verliebt gewesen, und habe sie nur verprügelt, um seine Gefühle nicht offenkundig werden zu lassen.[2]

Hass auf die Wehrmacht

Bei einem Gelage in Schindlers luxuriöser Wohnung wird Göths tiefe Abneigung gegenüber Wehrmachtsoffizieren deutlich, als er – völlig betrunken - in eine Hasstirade gegen einen ebenfalls anwesenden Major der Wehrmacht ausbricht: “Ihr von der Wehrmacht glaubt, eure Hände bleiben sauber. Ihr seid ja so edel, kämpft ja so ritterlich. Die stecken ihre Nase nicht in den Dreck. Diese Feiglinge wollen ihre Seele retten, und wir dürfen die Schutzengel spielen und ihnen Rückendeckung geben.“[3]

Karfreitag: „Noch ist Polen nicht verloren“

Als Sliwinski und seine Kollegen am Karfreitag, den 7. April 1944, von ihrem Arbeitseinsatz zurückkehren, beobachten sie die Liquidierung von etwa 150 neu eingetroffenen Gefangenen auf dem Schwanzhügel. Die SS-Schergen führen die Gefangenen in Dreierreihen zu einem Graben, stoßen sie hinein und erschießen sie. Plötzlich stimmen die auf den Tod wartenden Gefangenen die polnische Hymne „ Jeszcze Polska nie zgineta – Noch ist Polen nicht verloren“ an:

„Der Gesang irritiert die SS-Männer und machte sie nervös, die Todesschützen begannen schlecht zu zielen und mussten die Salven aus ihren Maschinenpistolen wiederholen. Unbeirrt singend stiegen drei und drei Polen auf die blutenden Körper der vor ihnen Ermordeten, nahmen so Abschied vom Leben und ihrem Land. Über eine Stunde verstummte der Gesang nicht, wurde nur immer schwächer, da auch die Zahl der Lebenden immer kleiner wurde. Im nahe gelegenen Kartoffelschälhaus arbeitenden Häftlingen standen vor Grauen die Haare zu Berge, sie weinten und beteten für die Sterbenden.“[4]

Susannas Mutter stirbt

Oskar Schindler (mitte) mit Manci Rosner (links, sitzend), Herman Rosner (links, stehend) und Rabbi Menashe Lewertow (rechts), New York, 1957
Oskar Schindler (mitte) mit Manci Rosner (links, sitzend), Herman Rosner (links, stehend) und Rabbi Menashe Lewertow (rechts), New York, 1957
Brief von Oskar Schindler an Rosner
Brief von Oskar Schindler an Rosner

Im Frühjahr 1944 erkrankt Lola Sternlicht, die Mutter von Helen, Sydel und Betty, schwer. Zwei Wochen später stirbt sie. Zur Überraschung aller spendet Göth Helen, die der Tod ihrer Mutter sehr schwer getroffen hat, Trost. Adam Sztab gelingt es, Lolas Leichnam zu „organisieren“ und in der Nähe eines Hügels zu beerdigen. Bei der Feier zu Schindlers 36. Geburtstag bittet Herman Rosner Amon Göth um Erlaubnis, dem Direktor der Emalia ein Ständchen bringen zu dürfen. Er und der ukrainische Wachmann „Iwan“ , eine Bestie mit hervorragender Stimme brechen zum Büro Schindlers auf. Nach ihrer musikalischen Darbietung versorgt Schindler Iwan mit Alkohol. Diese Gelegenheit nutzt Rosner, um seine Kontakte mit Schindler zu intensivieren. Schindler lässt Rosner und seine Familie nicht im Stich.

Die Rosner-Brüder nach dem Zweiten Weltkrieg
Die Rosner-Brüder nach dem Zweiten Weltkrieg

Einzelnachweise

  1. ebenda, a.a.O., S. 296
  2. Johannes Sachslehner, Der Tod ist ein Meister aus Wien; Wien-Graz-Klagenfurt 2008; S. 295
  3. ebenda, a.a.O., S. 296
  4. ebenda, a.a.O., S. 299f
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